Aus Erinnerungen entsteht ein facettenreiches Bild des Verhaltensforschers Ludwig Kaltenburg.
Rezension
"Leben heißt Beobachten" - diese Maxime steht über Leben und Werk Ludwig Kaltenburgs. Nach dem Krieg lebt der Zoologe in Dresden in enger Wohngemeinschaft mit zahlreichen Tieren, deren Verhalten er geduldig studiert. Gleichzeitig weiß sich der Wissenschaftler selbst in der DDR ständig beobachtet. 1961 flieht er nach Wien, lässt seine Tiere und Mitarbeiter zurück. Sein Forscherblick richtet sich nun auf die menschliche Psyche. Der Ich-Erzähler, Kaltenburg-Schüler Hermann Funk, zeichnet in locker verknüpften Erinnerungen das Bild eines exzentrischen und charismatischen Menschen, der auch mitleidslos und opportunistisch handeln kann, und schildert gleichzeitig ein Stück deutscher Geschichte. Die Titelfigur ist angelehnt an den Verhaltensforscher Konrad Lorenz. Beyers sprachlich ausgefeilter Roman mit gekonnt eingesetzter Symbolik besitzt aber unabhängig davon eine authentische Dimension.
Beyers Studie einer Wissenschaftlerpersönlichkeit wirft Fragen zum Verhältnis von Forschung und menschlicher Integrität auf und wird auch männlichen Lesern gern empfohlen.Rezensent: Birgit Schönfeld
Personen: Beyer, Marcel
Beyer, Marcel:
Kaltenburg / Marcel Beyer. - 1. Aufl. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 2008. - 395 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-518-41920-5 geb. : EUR 19.80
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Buch