Singer, Lea
La Fenice Roman
Bücher

Freizügiges und schonungsloses Sittenbild von Venedig im frühen 16. Jahrhundert.


Rezension

Auf Tizians berühmtem Gemälde der „Venus von Urbino“, 1538, schaut das nackt auf einem Bett liegende Modell mit einem ungewöhnlich freien und den Betrachter prüfenden Blick an. Unwillkürlich stellt sich die Frage: Wer ist diese Frau und woher nimmt sie dieses Selbstbewusstsein? Lea Singer erfindet dazu eine passende Geschichte. Das Modell ist in diesem historischen Roman eine Kurtisane, die es sich zum Ziel gesetzt hat, einen selbstbestimmten Lebensweg zu gehen. Mit einer erstaunlichen Reife nutzt sie die Doppelmoral der männerdominierten Gesellschaft Venedigs, um mit ihrem Beruf eine Freiheit zu leben, die Frauen ihrer Herkunft versagt war. Als sie jedoch einen der vermögenden Liebhaber aus einflussreichen Kreisen ablehnt, wird sie auf brutalste Weise gedemütigt. Aber auch diese Herausforderung besteht sie dank der ihr eigenen Resilienz und dank der guten Kontakte zu historischen Persönlichkeiten wie der Humanistin Cassandra Fidele oder dem Dichter und Satiriker Pietro Aretino.

Faszinierend und erschreckend für Leser*innen mit starken Nerven. Ein ganz eigener Beitrag zur MeToo-Debatte in einer schnörkellosen und zugleich sehr poetischen Gegenwartssprache.

Rezensent: Rüdiger Sareika


Personen: Singer, Lea

Schlagwörter: 16. Jh. Frauen Macht Gender

Singer, Lea:
La Fenice : Roman / Lea Singer. - Zürich : Kampa, 2020. - 302 S. ; 19 cm
ISBN 978-3-311-10027-0

Zugangsnummer: 42024
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher