Bewegende Lebensbeichte einer jungen Frau, die im Nationalsozialismus zur Mittäterin wird.
Rezension
Ilva Fabiani skizziert in ihrem Roman das fiktive Leben einer 1907 geborenen Frau, die im April 1933 zur "braunen Schwester" wurde und geholfen hat, Frauen gegen ihren Willen zu sterilisieren. Sie geht dabei der Frage nach, warum eine in gut bürgerlicher, liebevoller Familie aufgewachsene Frau dem Nationalsozialismus verfiel.
Anna Alrutz blickt dabei fast 90 Jahre nach ihrem Tod auf ihr Leben zurück und versucht selber dahinter zu kommen, was sie getrieben hat. Aufgewachsen ist sie behütet in einer wohlhabenden Familie, die den Nazis ablehnend gegenüber steht. Sie ist impulsiv, ehrgeizig und neigt zu Gewaltausbrüchen. Eine unerwiderte Liebe zu einem Pastor, die Verbindung zu einem SA-Mann und der Tod ihrer kleinen Schwester beeinflussen ihr Schicksal. Nach einem abgebrochenen Medizinstudium wird sie NS-Schwester und hilft dabei, das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" umzusetzen. Erst spät ändert sie ihre Einstellung und hilft dabei, Frauen zu retten.
Ein lesenswerter Roman, der die Entwicklung einer Jugendlichen zur Nazi-Täterin und zur Widerständlerin nachzeichnet.
Rezensent: Gabriele Güterbock-Rottkord
Personen: Fabiani, Ilva Ulmer, Birgit
Fabiani, Ilva:
Meine langen Nächte : Roman / Ilva Fabiani. Dt. von Birgit Ulmer. - Göttingen : Steidl, 2023. - 269 S. ; 25 cm. -
ISBN 978-3-96999-198-5
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher