Mevissen, Katharina
Mutters Stimmbruch
Bücher

Über das Altern, den Herbst, den Winter und den Frühling danach. Über Zähne, Wurzeln und das Finden der eigenen Stimme.


Rezension

Mutter ist mindestens 60, lebt allein im alten Haus, die Kinder längst fort, ihr einziges Gegenüber das knackende Radio. Ihre Stimme ist brüchig und knarzt. Sie liebt ihren Garten, das blaue Bad mit Wanne, die Schwerelosigkeit ihrer „Wasserbrüste" darin, den Keller mit dem Heizkessel. Sie hasst die Zeitumstellung auf Winterzeit, erst wackeln ihre Zähne, dann fallen sie ihr aus. Ein Wasserschaden zwingt Mutter zum Umzug in eine Wohnung in der Stadt. Keine Wanne, kein Garten. Mit den dritten Zähnen zieht eine neue Stimme in ihr ein, die sie behutsam erprobt. Dafür begibt sie sich in Telefonzellen und findet neben ihrem neuen Bass Erotik bei der Nebenauskunft. Mutter wird wieder lauter, selbstsicherer, singt vom Dreimeterbrett und trotzt sogar dem Winter.
Ein herrlich absurder Roman voll Sprachfreude und Tiefgang mit zugleich schräger und liebenswerter Protagonistin. Mit viel Symbolismus geht es um Einsamkeit und um die Sehnsucht nach Wurzeln, nach Meer und Wärme.

Das Zurechtfinden mit dem alternden Körper und schwindenden Lebensmut sind Themen, zu denen dieses Buch Gesprächskreise älterer Jahrgänge anregen kann.

Rezensent: Marie Tronnier


Personen: Mevissen, Katharina Greeven, Katharina

Schlagwörter: Sehnsucht Altwerden Selbstakzeptanz

Mevissen, Katharina:
Mutters Stimmbruch / Katharina Mevissen. Ill. von Katharina Greeven. - Berlin : Wagenbach, 2023. - 121 S. : Ill. ; 21 cm
ISBN 978-3-8031-3355-7

Zugangsnummer: 45226
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher