Die Sehnsucht nach Verlorenem blockiert eine Mutter-Tochter-Beziehung.
Rezension
Die Protagonistin, eine mit 17 Jahren aus dem von ihr spießig empfundenen Elternhaus nach Schweden entflohenen Ärztin, kehrt nach vierzig Jahren in die alte Heimat zurück. Ihre Mutter, zu der sie immer ein schwieriges Verhältnis hatte, ist dort hochbetagt gestorben. Bei der Auflösung des Haushalts kommen viele Erinnerungen auch an die eigene Kindheit zurück. Mit großen zeitlichem Abstand gelingt es der Tochter, die Mutter mit anderen Augen zu sehen, zu erkennen, dass der Verlust der ostpreußischen Heimat mit Kriegserfahrungen und Trennung von Eltern und Geschwistern Ursache für die große Traurigkeit des 'Flüchtlingsgesichts' war, eingekapselt und verdrängt einerseits, andererseits in einer Überhöhung und Glorifizierung verkleistert. So erfolgt eine Art späten Verständnisses und Achtung für sie und eine Reflexion über eigene Unzulänglichkeiten. Aber auch Ernüchterung über eine scheinbar heile Welt und die Flucht zu erträumten Sehnsuchtsorten.
Die Autorin versteht es meisterhaft die Annäherung nachzuzeichnen, ohne die Distanz, die Ferne, das Rätselhafte völlig auszublenden oder nachträglich zu glätten.Rezensent: Halgard Kuhn
Personen: Seeberger, Astrid
Seeberger, Astrid:
Nächstes Jahr in Berlin : Roman / Astrid Seeberger. Dt. von Gisela Kosubek. - Zürich : Arche, 2016. - 269 S. ; 21 cm. - Aus d. Schwed.
ISBN 978-3-7160-2751-6 geb. : EUR 19.99
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: See - Buch