Ein Abgesang auf das idyllische Landleben, geschrieben von einer jungen Mecklenburgerin, die weiß wovon sie spricht.
Rezension
Was für ein Einstieg! Christin sitzt hinter Jan auf dem Trecker und das Mähwerk säbelt mit scharfen Zacken die Grashalme um. Das Treckergeräusch ist so laut, dass sie sich anschreien müssen und dann ist plötzlich ein noch lauteres Geräusch da: es knackt im Mähwerk und dann sieht man Blut und Fellreste und wie ein Reh erschrocken über die Weide davonrennt. Das Rehkitz ist zerhäckselt, weil heute niemand mehr vor der Maht Lärm macht, damit die Tiere sich in Sicherheit bringen können.- Christin ist Mitte zwanzig, ohne Ausbildung und ohne eigenes Geld. Früher dachte sie, mit 18 würde sie in High Heels über Großstadtasphalt flanieren und in schicken Büros arbeiten. Stattdessen lebt sie bei ihrem Freund Jan auf dem elterlichen Hof und trägt häufig Gummistiefel. Sie ist angeödet vom Leben auf dem Lande, den immer gleichen Dorffesten mit den immer gleichen Leuten, von Kühen, Mist und Windrädern und beginnt zu rebellieren. Das beginnt zunächst harmlos, mit dem Durchschneiden von Traktorkabeln und anderen Sabotageakten, am Ende wird es schlimm. Der Roman räumt auf mit Dorfidylle und erzählt eindringlich von der Diskrepanz zwischen den glamourösen Bildern vom Leben in den Städten, die per mouseklick abgerufen werden können und dem engen und eintönigen Leben junger Menschen in einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Der Schreibstil gleicht einem Drehbuch, den man mögen muss.
Größeren Büchereien mit jungem Publikum gerne empfohlen.Rezensent: Sophie Jünemann
Personen: Herbing, Alina
Herbing, Alina:
Niemand ist bei den Kälbern : Roman / Alina Herbing. - Zürich : Arche, 2017. - 254 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-7160-2762-2
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher