Nostalgischer und frecher Rückblick auf Kindheit und Heimat in der Provinz
Rezension
Florian Illies, Erfinder der „Generation Golf“ (Ev.B. 02/294; 02/65), hat in seinem neuesten autobiografischen Werk seine alte Heimat ins Visier genommen. In der Provinz, also einer eher rückständigen Umgebung im Vergleich zur Hauptstadt, liegt das malerische Städtchen Schlitz. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, denn die Schlitzer wehrten sich hartnäckig erst gegen den Kaiser, dann gegen die Russen und zuletzt gegen die Moderne. Es herrscht noch die Totalüberwachung durch Bademeister, Bäckersfrauen und Postboten und die Gerüchteküche köchelt ständig. Informationen gehen in Windeseile durch die Stadt und stellen das Internet und die Lokalzeitung weit in den Schatten. Illies paart Kindheitserinnerungen mit Anekdoten über das deutsche Landleben und immer wieder stellt sich die Frage, warum eigentlich der Ortsgebundene der Rückständige sein soll und nicht der Umherhetzende mit seinem Rollkoffer im Schlepptau. Angesichts des „Manufactum-Virus“, der Stadtmenschen veranlasst, die guten alten Dinge von ländlichen Betrieben zu kaufen und des geheimen Wettbewerbs der Städter, wer aus dem gottverlassensten Nest kommt, stellt Illies fest, dass das soziale Umfeld auf dem Lande auch ein Auffangnetz ist.
Nicht nur für die Generation Golf ein Lesevergnügen! Für alle Büchereien geeignetRezensent: Stefanie Drüsedau
Personen: Illies, Florian
Illies, Florian:
Ortsgespräch / Florian Illies. - 1. Aufl. - München : Blessing, 2006. - 205 S. : Ill. ; 18 cm
ISBN 3-89667-262-2
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher