Ostdeutsche Lebenswege, gestern und heute.
Rezension
Jan ist Pfleger. In der Notfallambulanz im östlichsten Ostdeutschland der Gegenwart gibt es kaum noch Patienten, denn das Krankenhaus wird bald schließen. Mit diesem starken Bild eröffnet der Görlitzer Jung-Autor Lukas Rietzschel seinen von der Kritik gelobten Roman. Als „Raumfahrer“ erblickt und beleuchtet er zwei unterschiedliche Erfahrungswelten: jene zwischen Mauerbau und -fall im Kontext einer Familiendynamik des Malers Georg Baselitz mit seinem Bruder Günter; und jene Tristesse der sächsischen Provinz von heute (Landflucht, Rückbau, Stasivergangenheit). Beide Erzählstränge führen zusammen. Rietzschel komponiert in eigenwilligem Rhythmus, wie einzelne Biographien transgenerational, subtil und nicht ohne Traumata miteinander verwoben sind. „Nachkriegszeit und Nachwendezeit. Trümmer beseitigen (…). Schmerzen wie Steine, weitergereicht in einer Menschenkette von Hand zu Hand, um sie abzuklopfen und eventuell wiederzuverwenden.“
Dieses Buch ist kein Pageturner! Aber wer sich einlässt und den Lesestoff nicht als portionsweisen Snack vor dem Einschlafen begreift, gewinnt neue Zugänge zu dem, was der „Wessi“ immer noch nicht versteht.Rezensent: Dominic Prauss
Personen: Rietzschel, Lukas
Rietzschel, Lukas:
Raumfahrer : Roman / Lukas Rietzschel. - München : Dt. Taschenbuch Verl., 2021. - 287 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-423-28295-6
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher