Rica erlebt Ostern
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Rezension

Begründung für die Nicht-Empfehlung

Ein kleinformatiges, äußerlich ansprechendes Bild-Text-Buch befasst sich inhaltlich mit Passion und Ostern zur Zeit Jesu.

Eingebettet wird dieses Geschehen in eine "weltliche" Geschichte vom Hirten Manuel, seiner Frau Rahel, dem Hirtenjungen Joschi und den beiden Hütehunden, vor allem aber steht eines der Schafe, Rica, mit rotem Halsband und Glöckchen im Mittelpunkt. Aus seiner Perspektive wird in Ich-Form vom Einzug in Jerusalem, vom Passa-Fest und vom Garten Gethsemane, von der Gefangennahme Jesu und Petri Verleugnung erzählt. Das Schaf als Augen- und Ohrenzeuge wird dann abgelöst durch den Hirten Manuel und dessen Bericht über Jesu Tod. Schließlich kommen die drei Frauen - vom leeren Grab nach Jerusalem eilend - zu Wort: "Stellt euch vor: Er lebt! Jesus lebt! Der Stein ist weggerollt vom Grab. Die Höhle ist leer. Gott hat ihm neues Leben gegeben."Das Schaf Rica bekräftigt: " Das alles habe ich mit meinen eigenen Ohren gehört….Und du - du hast die Geschichte nun auch schon gehört und kannst sie weitererzählen."

Ich kann dieses Buch nicht zur Anschaffung in evangelischen Bibliotheken empfehlen, da es in theologischer und religionspädagogischer Hinsicht gegen grundlegende Erkenntnisse verstößt.

Die durchaus unterschiedlichen vier Evangelientexte werden zu einem Tatsachenbericht verwoben, dessen Authentizität durch Augen- und Ohrenzeugen in Ich-Perspektive bewiesen werden soll. Dieses Vorgehen suggeriert falsche Eindeutigkeit, statt schon Kindern bei der Erstbegnung mit biblischen Texten die Chance zu geben, diese als Glaubensdokumente von Christen, also einer späteren Generation als die der Weggefährten Jesu, verstehen zu lernen. Die Auferstehung Jesu lässt sich nicht als historisches Faktum belegen; vielmehr erinnerte sich die urchristliche Gemeinde an die Erfahrungen mit dem historischen Jesus und schöpfte daraus die Kraft, in seinem Sinne zu leben und zu wirken. Diese Ermutigungen und Hoffnungen sind nach zunächst mündlicher Überlieferung dann in verschiedenen Texten von unterschiedlichen Verfassern im NT aufbewahrt und besagen, dass mit Jesu Tod nicht alles zu Ende war. Was nicht beweisbar ist, verlangt nach Deutung. Dazu sollte bei Kindern eine entsprechende Fragehaltung, Interesse an Spurensuche entwickelt werden, statt sie mit dogmatischen Formeln zu konfrontieren, die bald über Bord geworfen werden oder unverständlich bleiben.

Die kindertümelnde weltliche Geschichte vom Schaf Rica, das anthropomorphe Züge trägt, birgt noch eine weitere Gefahr in sich:

Die großen christlichen Feste Weihnachten, Ostern, Pfingsten könnten eigentlich in der säkularisierten Gesellschaft augenfällig verdeutlichen, was Christsein heute besagt. Das geschieht aber kaum noch, weil die Feste überlagert sind von kommerzialisierten Ritualen und Bräuchen wie Häschen, Küken, Lämmer und Anderes, die eigentlich aus Ostern ein Frühlingsfest werden lassen, wenn nicht Herkunft und Sinn österlicher Bräuche geklärt und von der christlichen Bedeutung des Festes abgegrenzt werden. Beim vorliegenden Buch geschieht das nicht. Es legt sich vielmehr die Vermutung nahe, hier sei absichtsvoll ausgerechnet das Lamm (ausgestattet mit dem goldenen Glöckchen eines anderen weltlichen Ostersymbols am Hals eines bekannten Schokoladenproduktes) zum Protagonisten des Buches gemacht worden, um noch ein wenig österliches Brauchtum "unterzumischen". An die aus dem AT im NT zitierte Lamm-Gottes-Symbolik (um Jesu Schicksal von der jüdischen Bibel her zu dokumentieren) ist hier wohl kaum gedacht.

Literaturhinweise

zur theologischen Fragestellung:
Gerd Theissen / Annette Merz: Der historische Jesus. Göttingen 1996

zur religionspädagogisch-didaktischen Fragestellung:
Ingo Baldermann: Auferstehung sehen lernen. Neukirchen-Vluyn 1999

Themenheft "Ostern und Auferstehung" der Zeitschrift Grundschule Religion. Velber / Münster Nr. 10 / 2005

Rezensent: Margot Rickers


Personen: Schupp, Renate Ignjatovic, Johanna

Interessenkreis: Mitteldruck

Rica erlebt Ostern / Renate Schupp. Ill. von Johanna Ignjatovic. - 1. Aufl. . - Lahr : Kaufmann, 2008. - O.Pag.: überw. Ill. ; 14 cm
ISBN 978-3-7806-2715-5

Zugangsnummer: 23008
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