Vom Fabrikarbeiterkind zum Pariser Intellektuellen – ein Buch über Herkunft, soziale Scham und den Aufstieg der Rechten.
Rezension
Ganze sieben Jahre dauerte es, bis dieses Buch ins Deutsche übersetzt wurde. Doch mit Blick auf den Brexit, die Erfolge der Rechten in Europa und nicht zuletzt die Wahl Donald Trumps ist das Buch aktueller denn je. Eribon, einer der bedeutendsten Intellektuellen Frankreichs, erzählt in seinem autobiographischen Text von seiner Kindheit in einem proletarischen Umfeld, das geprägt war von Gewalt, Bildungsverachtung und Homophobie. Er schildert sein Coming-Out, den radikalen Bruch mit der Familie und seinen Aufstieg zu einem angesehenen Mitglied der akademischen Welt. In einer Mischung aus autobiographischer Erzählung und kluger soziologischer Analyse beschreibt Eribon in klarer und verständlicher Sprache, was unsere Herkunft aus uns macht und ob bzw. wie wir ihr entkommen können. Dabei liegt sein Fokus nicht so sehr auf seiner Homosexualität als vielmehr auf seinem Bestreben, das Proletarische in sich auszumerzen. Gleichzeitig forscht er nach Ursachen für den Niedergang der Linken und den massenhaften Zuspruch, den Rechtspopulisten derzeit - nicht nur, aber besonders - unter den sogenannten "einfachen" Leuten finden und liefert diskussionswürdige Antworten.
Ein scharfsinniges, hochaktuelles Zeitporträt. Nachdrücklich empfohlen. Für anspruchsvolle Literaturkreise gut geeignet.Rezensent: Wiebke Mandalka
Personen: Eribon, Didier Haberkorn, Tobias
Eribon, Didier:
Rückkehr nach Reims / Didier Eribon. Dt. von Tobias Haberkorn. - Berlin : Suhrkamp, 2016. - 237 S. ; 20 cm. -
ISBN 978-3-518-07252-3
Soziologie, gesellschaftliche Gruppen, soziale Fragen - Signatur: Sb - Bücher