Ein Hörbuch zu einem fast vergessenen Krieg, der mitten in Europa Menschen für immer verstörte. Der Autor legt Zeugnis ab.

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Rezension

Die Stimme Jörg Pohls gibt dem jugendlichen Protagonisten nachdrücklich Gesicht und Seele. Mit einem tief bewegenden Bildreichtum, überraschenden Metaphern und einer trotzdem in allem Schrecken sparsamen Sprache zeichnet Ismet Prcic ein Bild des Bosnienkrieges, das man nicht wieder vergessen kann.
Dabei verweben, vermischen und verschieben sich Lebensläufe und Klänge. Die Geschichte umspannt die ganze Welt, weil die Flucht des Autors in die USA zwar gelingt, sich aber in seiner Seele nie vollenden kann. Der Krieg, die Bilder, die Bomben, die Grausamkeit der Menschen und die Schönheit des Alltags in seiner Heimat haben ihn zerstört, zu einer lebenden Leiche gemacht, die sich in andere Leben hineinschmiegt, um zu entkommen. Oder – ein besonders beeindruckender Teil des Romans – die Geschichte eines ermordeten Kameraden, der nicht einmal ein Freund werden konnte, wird in Passagen zu seinem eigenen, gelingenden, im Guten und im Grausamen weitergedachten Leben.
Das Hören wird zum Kraftakt. Verstörend wird mir bewusst, dass dieser Krieg in meiner Nachbarschaft statt fand und ich nahezu unberührt davon bin. Ich bleibe fassungslos und im Herzen getroffen zurück, wenn am Ende der Brief der Mutter – die sich einige Kapitel zuvor endlich erfolgreich das Leben genommen hatte – an den Jungen vorgelesen wird, der voll Sehnsucht nach dem Kind ist, das sie gehen ließ, damit er nicht Soldat werden musste. Aber wurde er nicht doch Soldat? Oder war das nur Mustafar, seine zweite Seele?

Erschütternd gut. Und scheinbar endlos, wie ja die Folgen des Krieges in seinen Opfern endlos weiterhallen.

Rezensent: Christiane Thiel

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Personen: Prcic, Ismet Pohl, Jörg Lösch, Conny

Schlagwörter: Krieg Gewalt Flucht