Stimmungsbilder aus den zwei Jahrzehnten nach dem Zerfall der Sowjetunion.
Rezension
Wie in all ihren Publikationen greift die Autorin, die 2013 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, ein bislang wenig beachtetes Thema auf. Sie sammelt in Interviews Meinungen von Zeitgenossen und dokumentiert sie in einem vielstimmigen, kontrastreichen Bild aus erschütternden Einzelschicksalen. Der gesellschaftliche Umsturz in dem Riesenreich mit unterschiedlichen Traditionen und Ethnien führte zu Um- und Einbrüchen, brachte Verwirrungen und irritierende Neuordnungen. Etliche scheiterten an den neuen Freiheiten, die völlig unerwartet über sie kamen. Sie machen Angst. Heute scheiden sich die Geister an der Perestroika und eine beängstigende Sehnsucht nach der vertrauten Welt im sozialistischen Kollektiv breitet sich aus. Umschwung und Neuordnung werden als übergestülpt empfunden wie etwas aus dem Secondhandladen, ohne Anleitung. Viele, vor allem ältere Menschen, kommen mit den einschneidenden Veränderungen durch die freie Marktwirtschaft nicht zu Recht und sehnen sich nach einer angstfreien, friedvollen Welt, die ihnen in Aussicht gestellt wurde, jedoch ein Desiderat geblieben ist.
Für alle, die hinter den Umwälzungen, die mit dem Ende der Sowjetunion einhergingen, den Menschen im Blick behalten wollen, besonders Angesichts der Entwicklung in der Ukraine eine Pflichtlektüre, die Grundlage für viele Gespräche bietet.Rezensent: Halgard Kuhn
Personen: Alexijewitsch, Swetlana
Alexijewitsch, Swetlana:
Secondhand-Zeit : Leben auf den Trümmern des Sozialismus / Swetlana Alexijewitsch. Dt. von Ganna-Maria Braungardt. - München : Hanser, 2013. - 569 S. ; 22 cm. - Aus d. Russ.
ISBN 978-3-446-24150-3 geb. : EUR 27.90
Lebensbilder, Briefe und Tagebücher einzelner Personen - Buch