Eine Frau Mitte 30 - überfordert durch Arbeit, Kind, Partner, Familienvergangenheit - zieht die Notbremse & geht in die Psychiatrie.
Rezension
Die namenlose Ich-Erzählerin ist Schriftstellerin mit Schreibblockade. Sie stammt aus wohlhabenden, westdeutschen Verhältnissen. Ihr Partner ist Ende der 80er in Ostdeutschland im Plattenbau groß geworden. Nach und nach deckt Antonia Baum der Leserin anhand des Stiefvaters Siegfried auch die von Gewalt geprägte Familienvergangenheit auf. Die Stiefgroßmutter gelingt ihr dabei mit fast schon mythischer Bösartigkeit. So entspinnt sich das Einzelschicksal einer Frau im sogenannten "mental load" und gleichzeitig ist es ein Blick auf aktuelle Themen unserer Gesellschaft: überforderte Paarbeziehungen, Ost-West-Gesellschaft, verdeckte und offene körperliche und psychische Gewalt und immer noch und immer wieder die nationalsozialistische Vergangenheit der deutschen Gesellschaft. Das Geschehen folgt keiner Chronologie, eher den schweifenden Erinnerungen und Gedanken, während die Frau im Wartezimmer der Psychiatrie sitzt. Vieles bleibt rätselhaft. Eine einfache Lösung fürs Leben wird nicht angeboten. Das Buch zieht die Leserin schnell in den Bann. Hohe Erzählkunst!
Jüngere Leserinnen bis ca. 45 Jahre können sich wiederfinden in der Protagonistin.Rezensent: Katharina Katz
Personen: Baum, Antonia
Baum, Antonia:
Siegfried : Roman / Antonia Baum. - Berlin : Claassen, 2023. - 253 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-546-10027-4 geb. : EUR 24.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Bau - Buch