Ein sumatranisches Dschungelbuch: Natur und Tradition als Grundlage indonesischer Glaubens- und Wertvorstellungen.

---

Rezension

Dieses 1992 auf Deutsch erschienene Buch ist der fünfte Roman des indonesischen Schriftstellers und Kulturkritikers und nach „Dämmerung in Jakarta“ der zweite, der in deutscher Sprache vorliegt. Er zeigt naturnahes Leben vor einem kulturell festgefügten Hintergrund: Im Dschungel Sumatras wird eine Gruppe von Harzsammlern von einem hungrigen Tiger verfolgt. Nacheinander werden die Männer angegriffen und tödlich verletzt. Die Konstellation der Figuren spiegelt dabei ein hierarchisches Gesellschaftsprinzip, das sich auf Respekt vor Alter und Erfahrung stützt, wobei auch das Schamanentum eine große Rolle spielt. Die Gruppe bleibt solange intakt, bis der in ihrer Vorstellung möglicherweise gottgesandte Tiger sie bedroht und für ihre Sünden bestraft. In dieser Situation zerbricht die Fassade der Unschuld der Hauptfigur: Wak Katok, der charismatische Anführer der Gruppe, ein hochgeachteter Schamane, muss seine kriminelle Vergangenheit in dieser Not offenbaren - wer die kritische Haltung des Autors kennt, sieht hier auch eine Allegorie auf den Machtverlust des ersten Indonesischen Staatsoberhauptes Sukarno nach dem Staatsstreich von 1965. Unabhängig davon fließen in diesem Buch die Archetypen allgemein-menschlicher, rationaler und irrationaler Ängste mit traditionellen indonesischen Glaubensvorstellungen zusammen.

In Verbindung mit einer unverklärten, lebendigen Naturbeschreibung bietet dieser Roman eine vielgestaltige Annäherung an die komplexen Glaubens- und Wertvorstellungen Indonesiens.

Rezensent: Beate Carle

---

Personen: Zimmer, Thomas Lubis, Mochtar

Schlagwörter: Natur Schamanismus Glaubensvorstellung