Eine Psychologin gerät in die Mühlen deutscher Migrationspolitik. Ihre Arbeit in einer Unterkunft für Geflüchtete wird unaushaltbar.
Rezension
Theresa Pleitner schreibt einen autobiografisch geprägten Roman, der tief blicken lässt: Eine junge Frau schließt ihr Psychologiestudium ab und heuert mit besten Absichten in einer Sammelunterkunft für Geflüchtete an. Dort, im Abseits von Stadt und Gesellschaft erwartet sie eine große Halle, in der Menschen von Lärm, Neonlicht und erfolgloser Schädlingsbekämpfung geplagt werden. Die vielen Traumas der Flucht und Kriege kann sie als Psychologin nicht auffangen. Nachts kommt die Polizei, um Abschiebungen durchzusetzen. Manchen Geflüchteten helfen ihre Religionen. Das wird sehr deutlich gemacht, auch wenn interreligiöse Themen unbeholfen aufgegriffen werden. Die Protagonistin isoliert sich zunehmend von ihren Freundinnen und Liebhaberinnen. Sie verpflichtete sich doch dem Wohlergehen der Welt, lebt asketisch, will helfen! Doch ihre Arbeit macht sie zum Rädchen in einem menschenunwürdigen System. Der Roman erzählt, was die meisten wohl nie zu sehen bekommen. Das ist beeindruckend. Manchmal aber zu vorhersehbar, die autobiografische Aufarbeitung finde ich überdeutlich und uninteressant.
Zum Thema Flucht und Migration eine wichtige Perspektive. Wenn es Kontakt zu entsprechenden Unterkünften oder Migrationsgeschichten gibt, eine deutliche Empfehlung. Schnell gelesen, gut zu diskutieren.Rezensent: Lea Klischat
Personen: Pleitner, Theresa
Pleitner, Theresa:
Über den Fluss : Roman / Theresa Pleitner. - Frankfurt am Main : S. Fischer, 2023. - 203 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-10-397194-1 geb. : EUR 22.00
Buch