Die erste Liebe im Kontrast zum Verfall im Altenheim, verknüpft mit dem Grauen des Holocaust - berührend und einfühlsam!
Rezension
So sehr mich das Buch am Anfang Geduld gekostet hat, so sehr habe ich gegen Ende Rotz und Wasser geheult! Lennard betritt das Altenheim, dessen graubraune Tristesse es wie einen Bunker wirken lässt, voll Widerwillen. Die allgegenwärtige Hinfälligkeit stößt ihn ab, er fühlt sich an diesem freudlosen Ort genauso wenig wohl wie in seinem pubertierenden Ich. Er muss für ein Jahr Sozialstunden bei der alten, schwerkranken Frau Silberstein ableisten. Einziger Lichtblick: Lea, das Mega-Mädchen, das jede zweite Woche auch da ist. Nur wegen ihr hält Lennard durch. Mit der Zeit entsteht da aber etwas zwischen ihm und dieser zer- und gebrechlichen alten Dame. Er liest ihr vor, sie erzählt ab und zu von ihren furchtbaren Erlebnissen während der Zeit im KZ. Das tiefe Grauen sitzt ihr noch heute als unbezwingbare Kälte in allen Knochen. Als Lennard an seine Grenzen kommt, fängt seine Familie ihn auf. Die zarte Liebesgeschichte zu Lea verleiht dem Geschehen immer wieder erholsame Leichtigkeit.
Auch ohne den Bezug zum Holocaust wäre dies ein wichtiges Buch zum Thema Alter, Sterben und Tod. Für Jugendliche ansprechende Sprache und Identifikationsmöglichkeiten machen es mit dem Informationsteil zum Holocaust unentbehrlich für unsere Büchereien!Rezensent: Katja Henkel
Personen: Werner, Julia C.
Werner, Julia C.:
Um 180 Grad / Julia C. Werner. - Stuttgart : Urachhaus, 2020. - 303 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-8251-5237-6
Erzählungen (ab 13 Jahre) - Signatur: Ju 3 - Bücher