Ein Essay über den Vatermord, zugleich Stellungnahme zu Jens' Buch über die Demenz-Krankheit seines Vaters.
Rezension
Tillman Jens hat den Eindruck, er müsse den scharfen Kritikern seines Buches eigentlich mit einer Unterlassungsklage entgegen treten. Er verwirft jedoch diesen Weg und beschäftigt sich stattdessen mit dem literarischen Motiv des Vatermordes von der Antike bis zur Gegenwart. Außerdem analysiert er öffentliche Auseinandersetzungen, die andere Söhne und Töchter mit ihren berühmten Vätern geführt haben. Er arbeitet heraus, dass der kritische Umgang mit dem Vater schnell als Vatermord empfunden wird. Und dieses weitgehend tabuisierte Verbrechen wird unverzüglich - und gleichsam ritualisiert - mit hoher öffenticher Verachtung bestraft. Das ebenso gut beobachtbare Phänomen der Erstickung der Söhne und Töchter durch ihre Väter erfährt dagegen weit weniger Aufmerksamkeit. Außerdem werde durch die Bevorzugung der Väter die Obrigkeit stabilisiert. Nach dieser kulturgeschichtlichen Ausholbewegung schildert er eingehend und übrigens glaubwürdig, wie gut sein Verhältnis zu seinem eigenen Vater war.
Neue Details aus dem Hause Walter Jens. Der kulturhistorische Teil verdunkelt allerdings eher das Problem, wie offen, über eine Demenzerkrankung geschrieben werden darf.Rezensent: Frank Hiddemann
Personen: Jens, Tilman
Jens, Tilman:
Vatermord : Wider einen Generalverdacht / Tilman Jens. - 1. Aufl. - Gütersloh : Gütersloher Verl. - Haus, 2010. - 191 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-579-06870-1 geb. : EUR 17.95
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