Einfühlsames Portrait eines geliebten und früh vermissten Vaters, einer Vater-Sohn-Beziehung im migrantischen Umfeld.
Rezension
Der Vater, stark wie ein Baum, ein Fels im Leben des Jungen, gibt ihm Halt und Orientierung, fordert seinen Mut heraus. Er wird gefällt, als der Junge 13 Jahre alt ist: ein Schlaganfall, dann ein zweiter. Es folgen 10 Jahre im Locked-in-Syndrom, für das Kind eine wichtige Zeit des Erwachsenwerdens mit einem hilflosen Vater. Jahre später begibt sich der Sohn auf die Suche – nach Erinnerungen, nach Familienerzählungen, Fakten und Orten, vor allem nach seinen eigenen Gefühlen. Sie sind es, denen er traut, die die wahren Geschichten erzählen. Er erzählt zärtlich, leise, berührend über das Leben dieses türkischen Arbeitsmigranten der ersten Generation. Und er macht immer wieder deutlich, dass es wesentlich um Erzählung geht, nicht um Fakten. Die könnten auch ganz anders sein als seine Erinnerung ihn vermuten lässt. Seine Gefühle und die Sprache, die er für sie findet, sind es, die die Stimmung der Erinnerungsbilder schaffen und uns den Vater, aber auch den Sohn so lebendig werden lassen.
Liebevoll, differenziert, bildstark erzählt, elegant sich zwischen den Kulturen und Zeiten bewegend, ist dieses Buch eine Bereicherung für den Bestand jeder Bibliothek!Rezensent: Angelika Barth
Personen: Utlu, Deniz
Utlu, Deniz:
Vaters Meer : Roman / Deniz Utlu. - Berlin : Suhrkamp, 2023. - 383 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-518-43144-3
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher