Eine "unvollständige" Literaturgeschichte Frankreichs nach 1944: subjektiv, kenntnisreich und packend.
Rezension
"Am 5. August 1944 lässt sich Ernst Jünger zum letzten Mal in Paris die Haare schneiden." Mit dieser lapidaren Bemerkung beginnt die Autorin ihre Betrachtungen über die französische Literatur seit der Befreiung des von den Deutschen besetzten Paris am 25. August 1944. Filigran verwebt Iris Radisch die Entwicklung der französischen Nachkriegsliteratur mit der der Besatzungsmacht und den europäischen Themen der Gegenwart. Jean-Paul Sartre etwa ist sehr darauf bedacht, dass 1943 "Das Sein und das Nichts" seinem verehrten Vorbild Martin Heidegger zugestellt wird, der aber empfand die im gleichen Jahr erschienene Geschichte "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry als das bessere Buch. So führt der Band in die großen, aber auch in die scheinbar kleinen Themen der Literatur des Nachbarlands ein. Radischs Tour dÆHorizon endet mit Michel Houellebecqs Meisterwerk "Unterwerfung" (2015), in dem es um die Ängste der Franzosen vor der Besetzung durch den Islam und die neuen Rechten geht.
Die an Zeitgeschichte, Philosophie und poetischem Experiment interessierten Leser*innen finden hier reichlich Anregungen. Dank Register auch ein sehr gut lesbares Lexikon.Rezensent: Rüdiger Sareika
Personen: Radisch, Iris
Radisch, Iris:
Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben : Von Sartre bis Houellebecq / Iris Radisch. - Reinbek : Rowohlt, 2017. - 238 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-498-05814-2 geb. : EUR 19.95
Literaturgeschichte (Gesamt- und Einzeldarstellungen) - Signatur: Lb Rad - Buch