Peters, Veronika
Was in zwei Koffer paßt Klosterjahre
Bücher

Zwölf Jahre Selbsterfahrung im Kloster.


Rezension

Veronika Peters entscheidet sich mit 21 Jahren, ihr Leben grundlegend zu ändern, lässt Freunde und Eltern zurück, packt "Was in zwei Koffer paßt", um ins Kloster zu gehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon einiges unternommen, um irgendeinen Sinn jenseits des Geldverdienens zu finden, hatte sich mit ZEN - Meditation beschäftigt, an Gebetskreisen teilgenommen, die Geschichte der Philosophie gelesen mit der Erkenntnis, eine Reise "zum Selbst" zu wagen. Mit ihrem Eintritt in das Benediktiner Kloster, einem uralten, atmosphärischen Domizil "Zisterziensischer Bautradition", will die Autorin an ihren seelisch - geistigen Kern kommen. Sie wagt eine Expedition mit völlig ungewissem Ausgang, stellt sich einem Experiment, das weder als "religiöser Fanatismus" noch als "spätpubertär" bezeichnet werden kann. Eine Erklärung für diesen Schritt wird in diesem Buch nicht gegeben, außer, dass sie einem intensiven „Drang“ folgt. Die Biografin (Peters konvertierte zum Katholizismus) taucht ein in den religiösen Alltag, erlebt die benediktinische Form der Liturgie als feierliche Schlichtheit, die eine kraftvolle Ruhe ausstrahlt, deren Spiritualität "Ausblühungen so genannter Volksfrömmigkeit " fremd sind (es gibt keine Marienandachten, keinen gemeinschaft gebeteten Rosenkranz), was die junge Suchende innerlich gut annehmen kann. Die Protagonistin wird konfrontiert mit der Definition des Klosters "als Schule für den Dienst des Herrn", die den Sinn des monastischen Lebens als "unaufhörliches Lernen " zeigt mit dem Ziel, "nicht hart zu sein und über den Dingen zu stehen, sondern innerlich weit, frei und mutig zu werden", sich somit Eigenschaften anzueignen, die die "Flucht vor sich selber“ verhindern. Sie begegnet der Nonne Paula, die in ihrer bewahrten Selbstverständlichkeit ein Segen ist in der starren Kirchenordnung, leidet unter der dogmatisch - strengen Magistra Hildegard, die die Natürlichkeit der Novizin einengt, situativ geführte Gespräche mit anderen Ordensschwestern verbietet, was für Veronika Atem beklemmend ist. Aber immer wieder gibt es auch liebevoll geflüsterte Aufmunterungen, die ermutigen und die Autorin mit dem Gedanken "Vielleicht bleibe ich doch" in den nächsten Tag gehen lassen. Gehalten wird sie auch durch die Suggestion bestimmter Psalmentexte, der sie sich nicht entziehen kann, die im Klosteralltag stets präsent sind, in denen menschen- und emotionsnah "geflucht, verwünscht, geliebt, angeklagt und gejubelt“ wird.
Es stellt sich jedoch durchgängig immer wieder die Frage, warum es für sie, trotz beständiger innerer und äußerer Widersprüche, so immens wichtig ist, das Nonnenkleid zu tragen. Braucht sie dieses Indiz, um sichtbar zu einer Gemeinschaft zu gehören, die mit dem Gewand für Außenstehende praktizierte Religiosität dokumentiert? Sucht sie - schlicht - Schutz vor Anfeindungen und Krisen eines weltlichen Lebens, ein "sinnstiftendes Dasein" in sicherem Umfeld, in dem fast alles geteilt, das kirchliche Reglement als "Kokon" gefühlt wird mit intensiv-feierlichen Stimmungserlebnissen, die Probleme auf ein Minimum zu relativieren scheinen?
Obwohl eigenwillig, unkonventionell, nicht ausreichend belastbar, Emotions- betont manchmal zornig und selbstvergessen mit problematischen zwischenmenschlichen Beziehungen, die geprägt sind von Sympathie, Antipathie, Neid und Eitelkeiten, die dem Ideal widerspricht, als Gruppe ein Vorbild zu sein im Glauben sowie im Umgang miteinander, wünscht die Leserin Veronika, im Kloster bleiben zu dürfen (was nicht immer gesichert ist). Ihre Vision, selbstbestimmt zu gehen, wird dauerhaft signalisiert. Nachdem sie das letzte Gelübde abgelegt hat, übernimmt Peters auf Wunsch der Äbtissin die klostereigene Bücherei, pflegt bedingt dadurch geschäftliche Kontakte, lernt dort ihren Mann kennen - und - verabschiedet sich von einer Epoche, die sie nicht als Scheitern begreift, sondern die sie in eine neue Lebensphase führt.

Ein ungewöhnliches Buch, überraschend in Erfahrungswert und Aussage, dass ein junger Mensch im - vermeintlich - schönsten Alter der weltlichen Reizüberflutung den "Rücken kehrt", um eine tiefere Sinngebung zu finden. Humorvoll, selbstironisch, ungekünstelt geschriebene Lektüre. Eine Bereicherung für die biografische Sammlung aller Gemeinde- und Kr

Rezensent: Brigitta Morgenstern


Personen: Peters, Veronika

Schlagwörter: Frau Sinnsuche Kloster

Interessenkreis: Mitteldruck

Peters, Veronika:
Was in zwei Koffer paßt : Klosterjahre / Veronika Peters. - 1. Aufl. - München : Goldmann, 2007. - 255 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-442-31116-3

Zugangsnummer: 18397
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