Ein Tagebuch über die mangelhaften politischen Zustände in unserer Republik.
Rezension
Der Schriftsteller Delius schlüpft in die Rolle eines alternden Redakteurs, der mit seinem vorzeitigen Ruhestand hadert und aus dieser enttäuschten Position heraus, die soziale und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands und Europas durchweg schwarzseherisch interpretiert. „Kassandra“ lautet sein Spitzname. Bis auf das Ende, wo er mit seiner Frau und einem Freund aus den USA über die Kreidefelsen Rügens wandert und über deren Schönheit ins Schwärmen gerät, lesen sich die Aufzeichnungen wie ein langer Kommentar zu Informationen aus zweiter Hand, gespeist vorwiegend aus intensiver Zeitungslektüre. So kommen viele Themen zur Sprache: Von unserer „überschätzten“ Bundeskanzlerin, über die Griechenland- und Bankenkrise bis zur Vernachlässigung von Bundesbahn und öffentlichem Nahverkehr, rücksichtslosen jungen Fahrradfahrern und zum weltwirtschaftlichen Aufholen Chinas. Sicherlich trifft er damit den Nerv einer älteren, kritischen und akademischen Lesergruppe.
Wenn das Buch auch zu wenig aus unmittelbaren Erfahrungen schöpft, vermag es politisch informierte Beobachter neuerer Entwicklungen zu Bestätigung oder Ablehnung herausfordern.Rezensent: Barbara von Korff-Schmising
Personen: Delius, Friedrich Christian
Delius, Friedrich Christian:
Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich : Roman / Friedrich Christian Delius. - Berlin : Rowohlt Berlin, 2019. - 252 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-7371-0076-2
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher