Versöhnung mit dem Vater, der als Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse gezeigt wird.
Rezension
Gleich am Anfang seiner Buches zitiert Louis Ruth Gilmore mit ihrer Definition von Rassismus: "[à] er bedeute für bestimmte Teile der Bevölkerung das Risiko eines verfrühten Todes." Louis weitet diese Definition: Sie gelte auch für männliche Vorherrschaft, Homophobie, Herrschaft einer Klasse über eine andere à Am Ende des Buches führt er anhand einiger Beispiele aus der französischen Politik aus, wie dies praktisch aussieht und schreibt: "Für uns ist [die Politik] eine Frage von Leben und Tod." - und hat damit zahlreiche Soziologen und Mediziner auf seiner Seite. Und ja: Es geht auch um seinen Vater. Mit dem hat sich der Autor seit "Das Ende von Eddy" versöhnt. Nun wird er zum Paradebeispiel des vielfach gedemütigten Arbeiters. Das Buch liest sich bisweilen etwas pathetisch, es ist aber klug und trifft politisch oft den Nagel auf den Kopf. Es ist leicht zu lesen und zu verstehen. Eigentlich braucht es heute mehr solcher Bücher - und "eine ordentliche Revolution", wie Louisæ Vater bemerkt. Mit 16 Euro ist dieses schmale Büchlein für all jene unerschwinglich, um die es geht. Applaus für den Verlag! Zum Glück gibt es Büchereien.
Zur Diskussion anregend, leicht zu lesen, gesellschaftlich interessierten Menschen gerne empfohlen.Rezensent: Wiebke Mandalka
Personen: Louis, Édouard
Louis, Édouard:
Wer hat meinen Vater umgebracht? / Édouard Louis. Dt. von Hinrich Schmidt-Henkel. - Frankfurt : Fischer, 2019. - 77 S. ; 21 cm. - Aus d. Franz.
ISBN 978-3-10-397428-7 geb. : EUR 16.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Lou - Buch