Der Versuch, das Leben der Ilse Groß zu rekonstruieren.
Rezension
Im Nachlass der 1921 in Bingen am Rhein geborenen Ilse Groß, die später das Pseudonym Kathrine Talbot benutzte, fanden sich unzählige unveröffentlichte Arbeiten, Aufzeichnungen, Tagebücher und Briefe, die es dem Autor ermöglichten, sich intensiv mit dem Leben und der Rezeption ihrer in den 50. und 60. Jahren viel gelesenen Romanen zu beschäftigen und das Leben einer als Jugendliche vor dem NS-Regime geflohenen Jüdin nachzuzeichnen. Nach Deportation und Internierung erlangt Ilse Groß nach ihrer Freilassung 1941 durch ihre Heirat den Status einer Engländerin und ist nicht mehr als „enemy alien“ gebrandmarkt. Sie wird zudem Mitglied der Methodistischen Kirche. Doch die Ehe hält nicht lange und die finanzielle Situation zwingt sie, sich als Schreibkraft zu betätigen, ihre schriftstellerischen Ambitionen müssen zurückstehen. Eine Zweitehe mit einem wenig bekannten Künstler ändert daran wenig. Hier tritt ein weiterer Aspekt in den Blick: die unterschiedliche Arbeitssituation von Männern und Frauen, die selbst in der vielbeschworenen fortschrittlichen Bohèmeszene keineswegs Chancengleichheit für die Frau aufweist. Ilse Groß/Talbot/Barker selbst war biographischen Darstellungen gegenüber sehr zurückhaltend. Erst im hohen Alter schrieb sie über ihr Leben, ihre Familie und deren Schicksal. Veröffentlicht jedoch hat sie die Texte nicht.
Für an englischer Literatur Interessierte und mit dieser Vertraute.Rezensent: Halgard Kuhn
Personen: Ribbat, Christoph
Ribbat, Christoph:
Wie die Queen : Die deutsch-jüdische Geschichte einer sehr britischen Schriftstellerin / Christoph Ribbat. - Berlin : Insel, 2022. - 219 S. : Ill. ; 22 cm
ISBN 978-3-458-17943-6
Einzel- und Familienbiografien sowie Briefe und Tagebücher einzelner Personen aus allen Sachgebieten - Signatur: Bb - Bücher