Wie heißt dein Gott eigentlich mit Nachnamen? Kinderfragen zu fünf Weltreligionen
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Wie heißt dein Gott mit Nachnamen? Jane Baer-Krause mit ihrem Team von ‚religionen-entdecken.de‘ möchte mit dieser Frage einladen fünf Weltreligionen zu entdecken, deren Ziel es ist, „dass sich die Menschen füreinander interessieren und miteinander reden. Nur so gibt es Frieden auf der Welt.“ (4).


Rezension

Zuerst: dieses Buch ist voller wunderbarer Fotos Jan von Hollebens, der mit seinen genialen Ideen unzählige Gesprächsanlässe bietet und neugierig macht auf das Entdecken und Aufspüren dessen, was das Leben trägt. „Wozu ist Religion eigentlich gut?“ (8) Die Bilder korrespondieren eindrücklich mit den Fragen der Kinder und regen zum Weiterfragen und gemeinsamen Suchen nach Antworten an.
Doch nun zu den Texten. Die Rezension konzentriert sich auf die drei Abrahamitischen Religionen und geht von einem hermeneutische Vorverständnis aus, das den Beziehungsaspekt von Bildung und die Sicht über den Tellerrand im Blick behält. Dort wo Menschen sich „füreinander interessieren“ und daher von ihrer und nicht über ihre Religion reden, erzählen sie davon, was sie rück-bindet. Sie erzählen von dem, was ihnen lieb geworden ist und sie prägt, was ihnen Geborgenheit schenkt und ihrem Leben Sinn, Antrieb und Orientierung gibt. Im Sinne einer Haltung Komparativer Theologie braucht es gerade in solchem Dialog „Empathie und liebevolle Aufmerksamkeit“ (A. Langenfeld), um den eigenen Glauben und den Glauben anderer besser zu verstehen.
Unangemessen sind dann distanzierte und durch Konjunktive relativierte Aussagen, dass, z. B. „Jesus „am Kreuz gestorben ist und anschließend auferstanden sein soll.“ (28). Bei diesem Bekenntnis zu Jesus, dem Christus braucht der Dialog den Mut zum Indikativ, so, wie er sich an anderer Stelle zeigt: „Von wem sind die heiligen Schriften?“ – „Die Texte über die Anfänge der Menschheit und ihre Geschichte haben viele Menschen in der jüdischen Bibel aufgeschrieben. Christen verfassten später einen zweiten Bibelband. … Darin erzählen die Freunde von Jesus und andere Menschen von ihren spannenden Erlebnissen mit Gott und Geschichten von Jesus. … Ganz anders ist der Koran entstanden. Er ist nach dem Glauben der Muslime Wort für Wort Botschaft von Gott.“ (68). Offensichtlich stehen hier unterschiedliche hermeneutische Vorverständnisse nebeneinander. Die Frage ist nur: Wie sollen Kinder das beim Lesen erkennen?
Echter Dialog lebt auch von Ecken und Kanten. „Wurde die Leiche von Jesus wirklich geraubt?“ (160). Ebenso sind deutliche Ausführungen zum „heiligen Krieg“ hervorzuheben (23). Aber oft fehlt diese Klarheit: Während auf katholischer Seite bemängelt wird, dass es keine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau gibt (148), wird andererseits kommentarlos festgestellt, nach „der Kleiderregel im Koran sollen sich Frauen außerhalb ihrer eigenen Wohnung … immer bedecken.“ (119).
Auch im Blick auf den Zusammenhang von jüdischer und christlicher Religion ist mehr Deutlichkeit geboten. Es stimmt nicht, dass „Nur Juden … einen Ruhetag (haben), den ihre Religion vorscheibt.“, denn der Sonntag ist in christlicher Tradition mehr als Einladung zum Gottesdienst (103), und weiß sich dem Ruhegebot des Sabbat verbunden. Unerwähnt bleibt auch der der innere Zusammenhang von Osterfest und der Pessach-Tradition, obwohl beides im gleichen Kapitel verhandelt wird (108).
„Liebe, Glück und Frieden auf der Welt. … sind auch ein gemeinsames Ziel aller Religionen.“ (26) Jedoch, das einander im Gewand der eigenen Geschichten, Rituale und Traditionen der jeweiligen Herkunftsreligion mitzuteilen, ist keine distanziert intellektuelle Aufgabe. Das Gemeinsame zu entdecken, ist gerade im Kinder- und Jugendalter mehr, als der „kleinste gemeinsame Nenner“, sondern ein gemeinsame Entdecken, wovon Menschen in ihren unterschiedlichen Religion und Herkommen in aller Tiefe ganzheitlich berührt sind.
Und hier bleibt der Text dieses Buches häufig, bewusst oder vorbewusst, bei Antworten auf der kognitiven Ebene, und das auf Grundlage unterschiedlicher hermeneutischer Vorverständnisse.

Die Bilder können im Zusammenhang mit den Kinderfragen in der Arbeit mit Schulkindern und im Unterricht sicher gut verwendet werden. Zur alleinigen Lektüre ist das Buch für Schulkinder nur bedingt zu empfehlen.

Rezensent: Ulrich Walter


Personen: Baer-Krause, Jane Holleben, Jan von

Schlagwörter: Weltreligionen Religiöse Erziehung

Wie heißt dein Gott eigentlich mit Nachnamen? : Kinderfragen zu fünf Weltreligionen / Jane Baer-Krause. Fotos von Jan von Holleben. - Stuttgart : Gabriel, 2015. - 169 S. : überw. Ill. ; 25 cm
ISBN 978-3-522-30404-7

Zugangsnummer: 34694
Religiöse Erziehung - Signatur: Pc 6 - Bücher