Ein Teenager durchlebt seine Pubertät in einem katholischen Jungeninternat.
Rezension
Internate zählen laut Erving Goffman zu den „totalen Institutionen“. Es sind geschlossene Welten, denen ihre Insassen völlig ausgeliefert sind: Nach innen gibt es kein Entrinnen und nach außen kein Entkommen. Was ultrakonservativer Internatskatholizismus der 1980er Jahre für einen geschlechtsreifen Jungen bedeutet, liegt auf der Hand: keine Mädchen (nur als Küchenpersonal), keine unkeuschen Gedanken und Äußerungen (nur in der Beichte) – und übrigens auch keine „Autoerotik“ (nicht einmal unter der Bettdecke). Christoph Peters legt davon ausgehend aber eine andere Erzählung vor, als viele seiner Genrekollegen sie schreiben würden: über das Dilemma eines Schülers, der wirklich glauben möchte. Der nicht als Rebell gegen die Institution aufbegehrt, sondern ihr „trotz allem“ folgt. Mit seiner Gesinnung muss freilich gerade er an der inhärenten Perfidie der Lehre scheitern. Denn auch ein treuer Christ ist in Kahlenbeck nie treu genug.
In der Belletristik wird man kaum ein besseres Buch finden, das die katholische Sexualmoral derart respektvoll-dialektisch mit der Gedankenwelt von Jugendlichen verhandelt.Rezensent: Jonathan Horstmann
Personen: Peters, Christoph
Peters, Christoph:
Wir in Kahlenbeck : Roman / Christoph Peters. - München : Luchterhand, 2012. - 506 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-630-87321-3
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher