Ein Roman über die Literaturbranche, über aktuelle Diskursführung und über die Biegsamkeit der eigenen Moral – spannend und hochaktuell!
Rezension
June hat es geschafft! Ihr neues Buch hat die Bestsellerlisten gestürmt, ist für mehrere hochkarätige Literaturpreise nominiert, wird im Internet als Schlüsselroman gefeiert. Es gibt nur ein Problem: Sie hat das Buch gar nicht selbst geschrieben, sie hat es ihrer verstorbenen Freundin gestohlen.
Rebecca Kuang ist mit ihrem Roman eine messerscharfe Analyse des Literaturbetriebs gelungen – klug, durchdacht und teilweise bitterböse. Denn nicht nur muss sich Autorin Juniper Song darum sorgen, als Manuskriptdiebin aufzufliegen, sie hat auch noch ein ganz anders Problem: Sie ist weiß, heißt eigentlich June Hayward und kannte sich zuvor mit dem chinesischen Arbeiterchor gar nicht so gut aus. Das führt in den sozialen Medien schnell zu einem Shitstorm, der sich zu einem literarischen Skandal ausweiten könnte.
Kuangs genialer Kniff ist es, die Geschichte ausschließlich aus Junes Innenansicht zu erzählen und den Lesenden damit eine unzuverlässige Erzählerin zu präsentieren, die nicht nur die Kritiker:innen, sondern auch sich selbst immer wieder belügt. Das fordert von uns, Junes und auch die eigenen moralischen Vorstellungen ständig zu hinterfragen und neu zu beurteilen.
Rezensent: Miriam Weinrich
Personen: Kuang, Rebecca F. Humburg, Jasmin
Kuang, Rebecca F.:
Yellowface : Roman / Rebecca F. Kuang. Dt. von Jasmin Humburg. - Köln : Eichborn, 2024. - 382 S. ; 22 cm. -
ISBN 978-3-8479-0162-4
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik - Signatur: SL - Bücher