Frauenleben zwischen Macht und Ohnmacht der zeitgeschichtlichen Veränderungen in Südtirol. Die Entdeckung der Tagebücher ihrer Urgroßmutter Rosa Tiefenthaler veranlasst die Journalistin Lilli Gruber, sich mit dem Schicksal von Rosa und ihrer jüngsten Tochter Hella näher auseinanderzusetzen, da sie in einer Zeit lebten, in der die Veränderungen in Südtirol nachhaltig das Land bis zum heutigen Tag prägten. Rosa, 1877 in eine wohlhabende Familie hineingeboren, war eine starke und engagierte Frau. Sie heiratete gegen den Willen ihres Vaters den nicht standesgemäßen Jakob Rizolli und verwaltete ein großes Weingut - etwas Außergewöhnliches für eine Frau zu Beginn des 20. Jhs. Rosa war eine gottesfürchtige und kaisertreue Frau. Sie und ihre Familie lebten gut und zufrieden bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der harte und entbehrungsreiche Jahre brachte. Die schwerste Zeit begann aber mit der Teilung Tirols. Südtirol fiel nach dem Krieg dem faschistisch regierten Italien zu und der Leidensweg der Südtiroler und auch der Familie Rizolli war nicht mehr aufzuhalten. Die deutsche Sprache wurde im öffentlichen Raum verboten und das traditionsreiche deutsche Volksgut abgeschafft. Es bildete sich eine Widerstandsbewegung, die auch die heranwachsende Tochter Hella in ihren Bann zog. Mit dem Großwerden der nationalsozialistischen Macht in Deutschland durch Hitler hofften die Widerständler auf die Heimholung in das Deutsche Reich. Hella verstrickte sich in die politischen Wirrnisse, sie wurde verhaftet und nach Süditalien in die Verbannung geschickt. Rosa litt sehr unter diesen prekären Zuständen und wurde immer stiller und zurückhaltender. Als von Mussolini und Hitler die sogenannte "Option" ausgehandelt wurde, nach der fast 80% der Südtiroler ins Deutsche Reich abwanderungswillig waren, verstarb Rosa 1940. Ihre Tagebucheintragungen endeten kurze Zeit davor. Die Autorin hat äußerst genau recherchiert (nachzulesen im Anhang). Sie hat ihre eigene Familiengeschichte im Zuge der dramatischen Ereignisse gut und mit einer gewissen Spannung dargestellt. Leider schlägt des Öfteren die nicht immer zu ignorierende persönliche Eitelkeit der Autorin durch und die Familiengeschichte wird nicht wirklich zu Ende erzählt. Manchmal ist die Sprache der Personen etwas zu blumig. Dennoch lernt man Zeitgeschichte wohl am leichtesten, wenn man den Menschen, die das durch- und mitmachen mussten, einen Namen gibt.
Personen: Gruber, Lilli Kristen, Franziska
Standort: Elsbethen
Gruber, Lilli:
¬Das¬ Erbe : die Geschichte meiner Südtiroler Familie / Lilli Gruber. Aus dem Ital. von Franziska Kristen. - München : Droemer, 2013. - 332 S., [4] Bl. : Ill. Eredità
ISBN 978-3-426-27621-1 fest geb. : ca. € 20,60
Roman, Erzählung, Novelle - Signatur: DR GRUB - Buch: Dichtung