"Und heute, 1989, hat Lutzenberger eine Botschaft, die politisch brisanter ist als alles, was er bisher vertreten hat: Die chemische Industrie produziert selbst die Notwendigkeit chemischer Schädlingsbekämpfung. Chemische Dünger machen durch unausgewogenen Stoffwechsel die Pflanzen erst anfällig für Schädlinge. Dabei stützt sich Lutzenberger auf den Franzosen Francis Chaboussou: "Auf einer Pflanze mit ausgeglichenem Stoffwechsel verhungert der Schädling." Ausgeglichen ist der Stoffwechsel auf humusreichen, mit Mist oder Kompost gedüngten Böden. Dabei weist Lutzenberger auf einen Vorteil von Biogasanlagen hin, der hierzulande unbekannt scheint: Gülle, die aus solchen Anlagen herauskommt, ist nicht nur als Dünger wertvoller als vorher. Was nach der Erzeugung von Biogas übrigbleibt, macht, als Düngung verwendet, Pflanzen immun gegen Schädlinge: "Wer mit Biogasdünger arbeitet, braucht keine Agrargifte mehr." Ein ganz neues Argument für Biogas. Aber Lutzenberger geht auch gegen ein zentrales Dogma der Agrarpolitik an: Er bestreitet, daß Chemie nötig sei für die Ernährung der wachsenden Zahl von Menschen. Er meint, nach Jahrzehnten der Erfahrung in einem Entwicklungsland, biologische Landwirtschaft sei auch ökonomisch überlegen: "Die heutigen Methoden der Agrarchemie und der extremen Mechanisierung sind nicht nachhaltig." Sie würden immer teurer und immer wirkungsloser. Weit mehr als die Hälfte aller Chemie in Brasilien werde ohnehin nicht dazu verwandt, die Bevölkerung zu ernähren, sondern die Monokulturen von Baumwolle, Kaffee, Soja und Zitrusfrüchten - auf Kosten des Bodens - konkurrenzfähig zu halten. "Früher oder später muß die Menschheit, will sie überleben, diesen Weg (der biologischen Methoden) einschlagen."
(Zitiert aus Die Zeit.online)
Personen: Lutzenberger, Jose und Schwartzkopff, Michael
LW 7
Lutzenberger, Jose und Schwartzkopff, Michael:
Giftige Ernte : Tödlicher Irrweg der Agrarchemie. Beispiel:Brasilien. - Greven : Eggenkamp Verlag, 1988. - 312 S.
ISBN 978-3-923166-26-8
Buch