Die bekannte Literaturjournalistin erzählt, wie und welche Bücher ihr Leben und Lesen beeinflusst haben. (PB) Wenn Elke Heidenreich Bücher empfiehlt, tut sie das mit Begeisterung und Eloquenz. Man spürt, dass eine leidenschaftliche Leserin am Wort ist, eine, für die Lesen und Leben untrennbar zusammengehören. Man nimmt ihr das Gesagte ab und lässt sich von ihrer Leselust anstecken - wohl mit ein Grund für den Erfolg ihrer (mittlerweile eingestellten) TV-Sendung "Lesen!". In dem nun bei Eisele erschienenen reich bebilderten Band schildert die Vielleserin ihre Lesebiografie: Sie blickt zurück und versucht auszumachen, welche Bücher wegweisend für ihr Leben waren. Und kommt zu dem Schluss, dass Literatur von Frauen für sie eine wichtigere Rolle spielte als der von Männern dominierte Kanon der Germanistik. Wenn sie erklärt, dass sie für die Gedanken der Schriftstellerinnen empfänglicher sei, weil Texte aus weiblicher Sicht oft mehr mit der eigenen Erfahrungswelt zu tun haben, werden wohl viele Leserinnen aufatmen und nicken. Sehr wohltuend auch ihre Forderung, mehr die Bücher selbst sprechen zu lassen, nicht alles auf die Meinung eitler Kritiker zu geben, Unverständlichkeit nicht automatisch als Qualitätsmerkmal und umgekehrt Unterhaltung nicht als Makel anzusehen. Bücher, die ein Gespräch mit dem Du initiieren, die einen das eigene Selbst und die Welt begreifbar machen, die Erlebtes besser einordnen lassen, danach stand ihr zeitlebens der Sinn: […] wir suchen in jedem Buch uns selbst, eine Deutung unseres eigenen Lebens". (S. 145) Auf den knapp 200 großzügig layoutierten Seiten gibt sie viel Persönliches preis: Sie denkt zurück an ihre Kindheitslektüre, die ihr im einsamen Elternhaus Freunde und Familie ersetzte, an die Romane, die sie als Jugendliche verschlang, an Lektüre im Haushalt ihrer Pflegeeltern, die ihr die Emanzipation von ihrer Herkunft, einer armen Arbeiterfamilie, ermöglichte, an Bücher, die ihr Studenten- und Erwachsenenleben präg(t)en: "Das Lesen hatte für mich von allem Anfang an eine tröstende, lebensrettende und Leben erklärende Funktion." (S. 26) Schade nur, dass die Bildunterschriften 1:1 aus dem Fließtext stammen und so eine etwas ärgerliche Verdopplung zustande kommt. Nichtsdestotrotz lädt das empfehlenswerte Buch der leidenschaftlichen Buchvermittlerin zum Schmökern ein und kann ein Anstoß sein, das eigene Leseverhalten und die eigene Lesebiografie zu reflektieren. Und viele Lektüretipps erhält man obendrein.
Personen: Heidenreich, Elke
Heidenreich, Elke:
Hier geht's lang : mit Büchern von Frauen durchs Leben. - München : Eisele, 2021. - 191 S. : Ill. (z.T. farb.)
ISBN 978-3-96161-120-1 fest geb. : EUR 26,00
Biographien, Briefe, Tagebücher - Signatur: Bi Heide - Buch