Kann ein wilder, spurenheißer Kommissar Gefühle haben? - Bin ich Bulle oder Vater, fragt sich mit Recht der griechische Kommissar Kostas Charitos, als seine Tochter auf einer Urlauber-Fähre entführt wird. Griechenland: leicht korruptionsanfällig, etwas unglücklich agierend mit den türkischen Nachbarn, mehr in die EU gestolpert als getrippelt, von der großartigen Vergangenheit ununterbrochen zitiert, voll von hautbraun-geilen unpolitischen Touristen! Ein Kriminalfall wie in der EU, möchte man meinen, als wieder einmal jemand leblos aufgespürt und kriminaltechnisch behandelt werden muss. Aber Kommissar Charitos hat einfach Gefühle, das ist für den Krimi schlecht, aber für den Leser gut. Tochter Katerina bringt Charitos wie jeden Vater in eine Wackelposition. Sie hat erfolgreich Jus studiert, aber keine Perspektive, dieses Wissen auch jemals anwenden zu können. Vater unter den Fittichen von Justitia nickt, und unterstützt dadurch das bestehende System. Die Tochter fährt mit ihrem Lover auf einem Schiff davon, und das ganze Schiff wird entführt. Vermutlich eine Parallele zur Entführung des italienischen Kreuzfahrschiffes Archille Lauro 1985. Und jetzt packt es den Vater vollends und er zischt in unsere Herzen: Ein Kind haben, Vater sein, die Gerechtigkeit unterstützen, Profi sein, geht sich das aus? Die Literatur hat gegenüber der scheinbaren Realität den Vorteil, da sie anscheinend alles kann. Je größer das Problem, umso wahrscheinlicher die Wahrscheinlichkeit auf Lösung. Charitos jedenfalls verliert die Containance zwischen Beruf und persönlichem Schicksal, fährt der entführten Fähre hinterher, um seiner Tochter am Entführungsschiff nahe zu sein Da erlöst ihn endlich der Fall, der dem Buch den Titel gibt. Als Leser ist man um jedes persönliche Schicksalspartikel froh. Ok, Berufe sind dazu da, dass sie ausgeübt werden. Spätestens seit den Simpsons wissen wir, dass ein Reaktorangestellter gerade wegen seiner hohen Moralansprüche gut drauf sein kann. Warum soll das nicht auch einem EU-geeichten Kommissar gegen seinen Willen und für unsere Vorstellung gelingen? Wir Leser sind ja schon längst geeicht. Wenn der Kommissar stimmt, nehmen wir ihm so gut wie jede Geschichte ab. Helmuth Schönauer
Personen: Markaris, Petros Prinzinger, Michaela ª
DR.D Mar
Markaris, Petros:
Der Großaktionär : ein Fall für Kostas Charitos ; Roman / Petros Markaris. Aus dem Neugriech. von Michaela Prinzinger. - 1. [Aufl.]. - Zürich : Diogenes, 2007. - 477 S. - (4)
ISBN 978-3-257-06574-9
Kriminalroman/ Thriller - Buch