Ein Mädchen stirbt. In der Folge ringen ihre Freundinnen um einen Weg aus ihren eigenen seelischen Qualen. (ab 14) (JE) Während ihres letzten Highschooljahrs versuchen drei sehr unterschiedliche junge Frauen aus amerikanischen Upper-Class-Verhältnissen den Freitod ihrer gemeinsamen Freundin Tink zu begreifen und ihr eigenes, von Ohnmachtsgefühlen geprägtes Leben wieder in den Griff zu bekommen. Zuerst treffen wir auf die rundum perfekte Merissa, eine erfolgreiche und beliebte Schülerin. Doch der Schein trügt. Hinter ihrer makellosen Fassade hat die vom ehrgeizigen Vater stets zu Höchstleistungen angestachelte Siebzehnjährige mit schlimmen Problemen zu kämpfen. Dad zieht zu einer anderen Frau, ihre Mutter betäubt ihren Kummer mit Tabletten und Alkohol und sie selbst spürt sich nur, wenn sie sich mit spitzen Gegenständen ritzt. Schulische wie private Verweigerung sind die Folge. Die Geschichte der toten Tink wird im zweiten Romanteil von einem kollektiven Freundinnen-Wir rekapituliert. Vom ersten Tag ihres Erscheinens bis zu ihrem Ableben steht die zarte, stets distanzierte Rothaarige im Mittelpunkt der FreundInnengruppe Tink inc. Doch allen bleibt der schlagfertige, charismatische frühere Fernsehkinderstar rätselhaft. In Tagträumen erscheint die verstorbene Tink ihren Freundinnen und gibt wertvolle Tipps, dabei war sie die Einsamste mit den tiefsten seelischen Verletzungen. Der letzte Teil widmet sich der schüchternen, Mobbingangriffen ausgesetzten Nadia. Böse Gerüchte, vergebliche Abmagerungsversuche und eine eiskalte Stiefmutter machen ihr das Leben schwer. Und dann begeht sie aus romantischer Schwärmerei auch noch eine Riesendummheit ... Wirklichkeitsnah und einfühlsam porträtiert die 76-jährige amerikanische Autorin das komplexe Seelenleben der drei Teens. Sie beobachtet präzise, trifft den gegenwärtigen Ton Heranwachsender erstaunlich gut und verliert trotz der großen Nähe zu ihren Figuren nie eine wohltuende thematische Distanz. Was zunächst aussichtslos und bestürzend wirkt, lässt Raum für Genesung und Veränderung. Zwei ihrer ProtagonistInnen führt sie nicht nur an den Freitod heran, sondern auch wieder davon weg. Erzähltechnisch bedient sich Oates dabei des Kunstgriffs der Verfremdung und lässt durchblicken, dass diese Erzählung eine Erfindung ist. So wird der hinter den Familienidyllen lauernde Horror erträglicher. Trotz der Themenvielfalt von Selbstmord über Mobbing bis hin zu diversen Süchten wirkt die Geschichte keineswegs überfrachtet. Ton und Schreibstil der amerikanischen Erfolgsautorin sind diesmal zu Beginn irritierend sperrig, der Lesefluss wird immer wieder bewusst gestört, erst nach und nach bekommt man diese eigenwillige Sprache zu fassen. Dies dürfte nicht an der erstklassigen Übersetzung von Brigitte Jakobeit liegen. Die psychologischen Aspekte und Dialoge werden gekonnt ausgeführt, nicht alles wird auserzählt, sodass Oates' mittlerweile siebter Jugendroman viel Diskussionsstoff und Raum zum Nachdenken für Mädchen ab 14+ bietet. Intensiv, nuancenreich und berührend, aber keinesfalls ein leicht lesbares Wohlfühlbuch!

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Personen: Oates, Joyce Carol Jakobeit, Brigitte