Hundert Jahre nach "1913" gelingt F. Illies mit diesem Buch (Hörbuchbesprechung in dieser Nr.) ein außerordentlich dichtes und atmosphärisches Zeitbild der europäischen (Kultur-)Geschichte am Vorabend des 1. Weltkriegs. Nach Art eines Tagebuchs, basierend auf zahlreichen (auto-)biografischen und kulturgeschichtlichen Werken, montiert und verwebt er geschickt Fakten und Ereignisse aus Politik und Kultur mit der konkreten Lebenssituation und dem Schaffen zeitgenössischer Geistesgrößen (u.a. Freud, Kafka, Brüder Mann, Kirchner, Benn, Lasker-Schüler, Duchamp, Rilke) oder politischer Akteure (darunter Hitler und Stalin, die sich 1913 vermutlich im Wiener Park Schönbrunn über den Weg gelaufen sind). Dabei entfaltet Illies oft am Alltäglichen eine unerhörte Assoziationskraft und interpretatorische Tiefenschärfe, die das "nervöse Zeitalter" (Kafka) in all seiner Exaltiertheit, Zerrissenheit, latenten Gewaltbereitschaft und seiner gespannten Ruhe vor dem Sturm faszinierend charakterisiert. Stilistisch meisterhaft. - Als packendes pralles Leseerlebnis: (1)
Personen: Illies, Florian
Standort: S-GESCH
GESCH 240 I
Illies, Florian:
1913 / Florian Illies. - Orig.-Ausg. - Frankfurt am Main : Fischer, 2012. - 319 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-10-036801-0
GESCH - Sachbuch