Zeitzeugen erzählen von Österreichs dunkelster Epoche. (GE) Der Untertitel "Österreich vor dem Anschluss" weckt vielleicht falsche Erwartungen. Dosedlas Buch ist jedoch keine weitere Abhandlung der Ereignisse rund um den sogenannten Anschluss. Der Autor versucht vielmehr, die Krisenjahre von 1918 bis 1938 anhand der Aussagen von Zeitzeugen zu veranschaulichen. Die Gespräche hat der Volkskunde-Forscher über einen Zeitraum von etwa 40 Jahren geführt. Ein Großteil der Befragten stammt aus seinem Bekanntenkreis, viele Befragte kommen aus dem sozialdemokratischen Milieu. Positiv ist, dass das Buch eine lesbare, anschauliche und stringente Darstellung der Epoche bietet. Der Autor lenkt das Augenmerk nicht bloß auf die zentralen Ereignisse in der Bundeshauptstadt, sondern stellt auch die Entwicklungen in den Bundesländern gut dar. Leider ist er bei den Fakten nicht immer verlässlich. So kamen bei den Auseinandersetzungen rund um den Brand des Justizpalastes nach offiziellen Angaben 89 Menschen ums Leben. Ob diese Zahl stimmt, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Von 102 Toten, wie es Dosedla tut, spricht aber niemand. Auch die von ihm genannte Zahl von "bis zu 200.000 Demonstranten vor dem Justizpalast" ist wenig glaubwürdig. Trotz dieser kleinen Schönheitsfehler ist das Buch aber eine interessante Ergänzung vorhandener Publikationen zu diesem Thema.
Personen: Dosedla, Heinrich
Dosedla, Heinrich:
Von Habsburg bis Hitler : Österreich vor dem Anschluss / Heinrich Dosedla. - Wien : Molden, 2008. - 376 S. : Ill.
ISBN 978-3-85485-217-9 fest geb. : ca. EUR 24,95
Österreich - Signatur: GE.O Dose Ge.Öst - Sachbücher