Nach einem friedlich verbrachten Weihnachtsabend ist der behinderte Tomas spurlos verschwunden und seine verzweifelte Mutter befürchtet, dass er im Meer ertrunken ist. (DR) Rebecca verbringt mit ihrem Sohn die Weihnachtsfeiertage in einem kleinen Haus am Atlantik. Sie und ihr Mann, von dem sie nun schon länger geschieden ist, haben den behinderten Tomas seinerzeit in Russland adoptiert. Tomas liebt das Meer und kann seit einiger Zeit schwimmen. So ist er überglücklich, als er zum Weihnachtsfest einen Neoprenanzug bekommt. Der Abend klingt friedlich aus, Rebecca trinkt noch ein Glas Wein und lauscht, bis sie einschläft, dem Tosen der Wellen. Am nächsten Morgen ist Tomas verschwunden. Verzweifelt macht sich Rebecca auf die Suche... Wie die Geschichte ausgeht, soll hier nicht verraten werden. Colum McCann erzählt schlicht und zurückhaltend. In der kurzen Geschichte werden die Verzweiflung der Mutter und ihre Schuldgefühle für die LeserInnen knapp, aber umso eindrucksvoller sichtbar. Dass der Rest von Fremdheit, welcher trotz großer Innigkeit in der Mutter-Sohn-Beziehung vorhanden ist, nicht unterdrückt wird, trägt zur Glaubwürdigkeit bei. Die unbändige Kraft des Meeres sowie Wind und Wetter an der stürmischen Atlantikküste haben ihren Teil an der Faszination dieser Erzählung. Die These, dass nur ein wirklich meisterhafter Autor eine gute Kurzgeschichte schreiben kann, wird von McCann überzeugend bestätigt. *bn* Ingrid Kainzner
Personen: McCann, Colum
McCann, Colum:
Verschwunden : Erzählung / Colum McCann. Aus dem Engl. von Dirk van Gunsteren und mit einem Geleitw. von Nikolaus Hansen. - Zürich : Edition Kattegat, 2016. - 92 S.
ISBN 978-3-03820-030-7 fest geb. : ca. ? 15,40
Schöne Literatur - Signatur: SL McCan - Buch