Eine österreichische Institution schreibt über die Literatur seit 1945. Der 2008 viel zu früh verstorbene Literaturwissenschaftler Wendelin Schmidt-Dengler spürt in diesem Buch der österreichischen Literatur zwischen 1945 und 1990 nach. Neben einzelnen Autoren und Büchern, die ihm besonders beachtenswert erschienen, geht er auch auf einzelne Verlage, Zeitschriften und auf politische Entwicklungen ein. Die Texte sind eine Sammlung der Vorlesungen, die er am Institut für Germanistik der Universität Wien gehalten hat. Untersucht werden nicht Gemeinsamkeiten, sondern Grenzen - eben Bruchlinien - zwischen den einzelnen Autoren. Unschwer sind dabei Schmidt-Denglers Lieblingsautoren Peter Handke und Thomas Bernhard zu erkennen. Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, der Literaturpapst verstünde es nur, Schriftsteller und ihre Werke zu loben. Sein Urteil über misslungene, zweitklassige Literatur fällt er im direkten Vergleich mit literarischen Meilensteinen. So hat Brigitte Schweigers "Wie kommt das Salz ins Meer" gegen Handkes "Wunschloses Unglück" nicht den Funken einer Chance. Schmidt-Denglers Sympathie für Thomas Bernhard ist hingegen unschwer auszumachen. Schon in den ersten Zeilen des Kapitels über den oberösterreichischen Misanthropen schreibt er: "Thomas Bernhard hat sein Publikum regelmäßig durch Skandale in Atem gehalten. Seine Kunst, beleidigend zu wirken, hat durchaus etwas Anziehendes". Wendelin Schmidt-Dengler schreibt mit Leidenschaft und feinem Humor. Sein Stil hebt sich wohltuend vom sonstigen literaturwissenschaftlichen Sezierbetrieb ab. Die Lektüre dieses Buches macht Lust auf so manches literarische Werk, für das man bisher zu wenig Zeit hatte.

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Personen: Schmidt-Dengler, Wendelin

Standort: HB W I

Schlagwörter: Österreich Literaturwissenschaft Literaturgeschichte

Interessenkreis: Österreich