Das Matthäusevangelium war fast immer das Hauptevangelium der Kirche, Es ist nicht nur in allen Jahrhunderten intensiv kommentiert worden, sondern hat vor allem Frömmigkeit und Praxis bestimmt. Auf der einen Seite ist es zum wichtigsten Buch der alten, mittelalterlichen und neuzeitlichen katholischen Kirche geworden, auf der anderen Seite hat es die Frömmigkeit von Nonkonformisten (Mönchtum, Täufer, Außenseiter wie etwa Tolstoi) stark beeinflußt. Die von Paulus und dem Johannesevangelium geprägten reformatorischen Kirchen fanden dagegen nicht leicht den Zugang zu ihm. Dieser Kommentar ist der erste große wissenschaftliche Kommentar zum Matthäusevangelium seit etwa zwanzig Jahren. Der erste Teilband umfaßt neben der Einleitung ins gesamte Evangelium zwei Schwerpunkte: Der erste ist das Prooemium, Kap. 7-4, in dem der Evangelist die Grundlinien seines Denkens zeigt. Der zweite, wichtigste ist die Bergpredigt, Kap. 5-7, die heute wohl zum aktuellsten biblischen Text geworden ist. Dieser Kommentar unternimmt es, Linien in die Gegenwart auszuziehen und heiße Eisen, etwa von der Bergpredigt her die Friedensfrage oder die Frage nach der Gestalt der Kirche, aufzugreifen. Eine große Hilfe dazu ist die WirKungsgeschichte: Sie zeigt uns einerseits, wie wir als evangelische oder katholische Christen durch die biblischen Texte geprägt sind, und hilft uns, uns selbst zu verstehen. Andererseits zeigt sie, wo Korrektive liegen könnten, die für uns wichtig sind. Die Wirkungsgeschichte spielt darum in diesem Kommentar eine entscheidende Rolle. Das Matthäusevangeiium ist ein Evangelium der Praxis und der Gnade, weil es erzählt, wie der Mensch all sein Handeln der Geschichte Gottes mit Jesus verdankt. Die Jesusgeschichte ist für Matthäus die Grundgeschichte des Lebens der Gemeinde und des Menschen. Das Matthäusevangelium ist deshalb alles andere als ein bloßes Handbuch christlicher Ethik, vielmehr ein wichtiges Korrektiv gegen ein verinnerlichtes und intellektualisiertes Verständnis des christlichen Glaubens, wie es im westlichen Christentum so häufig anzutreffen ist.
Serie / Reihe: EKK / Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament
Personen: Luz, Ulrich Schweizer, Eduard Schnackenburg, Rudolf
Standort: Aula L W I
Bi 15.2.1 EKK 1/2
Das Evangelium nach Matthäus : 2. Teilband, Mt 8-17 / Ulrich Luz. - Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verlag, 1990. - XIII, 537 Seiten. - (EKK / Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament; 1/2)
Einheitssacht.: Das Evangelium nach Matthäus
ISBN 978-3-7887-1334-8 Broschur
Reihen - Buch