Gott, von den Menschen nach eigenen Bedürfnissen und Bildern geschaffen? Diese Frage stellt sich der Schriftsteller, Regisseur und Filmemacher Walter Wippersberg. "Den Gott, an den ich nicht glaube, gibt es natürlich" - so beginnt der Autor sein Nachdenken: "Ich denke in diesem Buch nach über diesen Gott und schreibe dabei die Reste meines Kinderglaubens fort. Natürlich empfinde ich das auch als Verlust." Als Kind habe er Gott um ein Zeichen dafür gebeten, dass er existiere, ein Aufflackern der Kerzen am Hochaltar hätten ihm damals, mit acht Jahren, durchaus genügt. Selten habe ich mit so viel Interesse über die Entstehung des Alten Testaments gelesen als hier beim bekennenden Agnostiker Wippersberg. Gott, die Hauptfigur der Bibel, eine literarische Gestalt - eine provokante Annäherung, selbst wenn man bedenkt, wie hoch der Autor literarische Gestalten schätzt. Es ist die gekonnte Naivität der Fragen, die den Lesefluss in Bewegung hält. Einige Daten zur Orientierung im Anhang informieren weiter und komprimierter, als es so manche meiner als Kind und Jugendliche erlebte Religionsstunde in ihrem damaligen Methodenpluralismus tat. Gott als literarische Gestalt wirkt in den Köpfen seiner Anhänger und teilt das Schicksal aller literarischen Gestalten: aus den Büchern heraus in die Menschen hinein zu wirken, ohne dabei aber die Bücher verlassen zu können. Wer Wippersberg widersprechen will - etwa darin, was den Einfluss des Christentums in Europa betrifft, hat mit seinem Buch eine Gesprächsbasis.

---

---

Personen: Wippersberg, Walter

Standort: HB W I

Schlagwörter: Altes Testament Literatur Gotteslehre Agnostik Analyse