Kesslers eingehende Auseinandersetzung mit der Thematik der Auferstehung Jesu Christi, die 1985 in erster Auflage erschien, ist seit kurzem als "Topos-plus-Taschenbuch" erhältlich. Auch wenn seit der Erstausgabe fast zwanzig Jahre vergangen sind, bleibt die Fragestellung aktuelle, ja brisant, handelt es sich hier doch um "die Schlüsselfrage des christlichen Glaubens" (19). In sechs Kapiteln reflektiert der Autor, Professor für Systematische Theologie an der Universität Frankfurt, den Osterglauben, wie er im Neuen Testament bezeugt und im Bekenntnis der Kirche überliefert wird. In der Einführung (19-40) thematisiert Kessler die Schwierigkeiten, denen die Aussage "Jesus ist auferstanden" heute begegnet, differenziert unterschiedliche Vorstellungsweisen von "Auferstehung" und legt anthropologische Zugänge zum Verständnis des Osterglaubens frei, die sich als "'Grammatik' der Auferstehungsbotschaft im Menschen selbst" (40) verstehen. Dass und inwiefern dieser - menschlich nicht erfüllbaren - Erwartungshaltung die Botschaft von der Auferstehung Jesu als "Zusage (als Aufdeckung und Verheißung) eines ,Mehr'" (ebd.) begegnet, versucht Kessler von verschiedenen Zugängen her aufzuzeigen. Das erste Kapitel (41-78) geht der Entwicklung der Hoffnung auf Auferstehung im Alten Testament nach und macht deutlich: "Der Sieg über den Tod beziehungsweise die Rettung auch der Toten ist Implikat, genauer: Bedingung und zugleich Wirkung grenzenloser Herrschaft und Herrlichkeit Jahwes. Wenn Jahwe im Ernstfall die Herrschaft zukommt, dann muss Jahwe auch mit der Macht des Todes fertig werden" (58). Das zweite Kapitel (79-135) untersucht den Anspruch des "vorösterlichen Jesus" sowie die neutestamentlichen Zeugnisse des Auferstehungsglaubens: Kurzformeln, Bekenntnisformeln, Grabes- und Erscheinungserzählungen. Gemeinsam ist all diesen Texten in ihrer Vielgestaltigkeit "die einhellige urchristliche Überzeugung, dass der gekreuzigte Jesus nicht im Tod geblieben, sondern auferweckt und erhöht ist, seinen Jüngern begegnet ist, sie zu Zeugen berufen und ihnen seine bleibende Gegenwart zugesagt hat" (135). Das dritte Kapitel (136-236) fragt nach der Entstehung des Glaubens an die Auferstehung Jesu. Das "den Osterglauben auslösende ,Etwas'" (142) erschließt sich in der "Kategorie der Begegnung" (139): Die Begegnung des Auferstandenen - präziser gesagt: die "(Selbst)Bezeugung des auferweckten Gekreuzigten" (215) - löst in den Jüngern "die Wende vom Nichtverstehen zum Verstehen, vom Unglauben zum Glauben, von todverfallener zu neuer Existenz" (214) aus. Eine rein "historische Rekonstruktion" (138) oder eine bloße Phänomenologie der "Empfänglichkeit und Bereitschaft für ein eventuelles ,Widerfahrnis'" (214) im Erwartungshorizont der Jünger Jesu greift - was die Entstehung des Auferstehungsglaubens betrifft - zu kurz; diese ist letztlich nur durch "Selbstbekundung in Begegnung" (235) möglich. Im vierten Kapitel (237-265) geht es - über die Frage der Genese hinaus - um die Grundlage des Osterglaubens. Kessler sieht die Überwindung der Diskontinuität des Kreuzes allein in einem "neuen Handeln Gottes" (240) gegeben, von dem her die Auferstehung Jesu, das "Entstehen von Kirche" (253) sowie die "österliche Lebenspraxis" der Christen (264) überhaupt erst verständlich wird. Im fünften Kapitel (266-416) behandelt Hans Kessler in systematischer Weise Grundkategorien des kirchlichen Auferstehungsglaubens: den Geltungsanspruch der neutestamentlichen Texte (sie sind "Realitätsbehauptung im Zeugenstand" [273]); die Bedeutung metaphorischer Rede (die "mit Erschließungs-, (nicht Abbild-)Modellen neue, noch unvertraute Wirklichkeit" [277] eröffnet); das theologische Verständnis der Aussage "Gott handelt" (angefangen von seinem unvermittelten Schöpfungshandeln bis hin zum Auferweckungs- und Vollendungshandeln "als streng von außen kommendes, der Komponente menschlichen Mit-Tuns entbehrendes, exklusives Handeln Gottes am Toten" [298]); die "Leiblichkeit" der Auferstehung; trinitätstheologische Implikationen sowie die eschatologische, existentielle und solidarische Dimension der Auferweckung Jesu von den Toten, die "eine geschenkte, befreite Freiheit" (398) ermöglicht. Das sechste Kapitel (417-504), das in der Neuausgabe von 1995 angefügt wurde, erörtert aktuelle Kontroversen, vor allem die Kritik von Gerd Lüdemann, der die "Wende im Jüngerverhalten aus inneren Prozessen der Konflikt- und Trauerverarbeitung, die sich in Ekstasen und Visionen entluden" (426), erklärt, sowie von Hansjürgen Verweyen, der die These vertritt, "dass Gott sein ganzes Wesen im irdischen Menschenleben Jesu endgültig offenbart hat" (451). Hans Kessler setzt sich von diesen Positionen deutlich ab und wiederholt seine bereits in der Einführung geäußerte Kritik am Wirklichkeitsverständnis der "liberal-bürgerlichen Skepsis", die eher "die Sinnansprüche reduziert, als sich mit dem Gedanken einer Auferstehung einzulassen" (29).
Serie / Reihe: Topos plus Taschenbücher
Personen: Kessler, Hans
Standort: Aula L W I
Bi 15.6 Kessl
Kessler, Hans [Verfasser]:
Sucht den Lebenden nicht bei den Toten : die Auferstehung Jesu Christi in biblischer, fundamentaltheologischer und systematischer Sicht / Hans Kessler. - Erweiterte Neuausgabe. - Würzburg : Echter Verlag, 2002. - 526 Seiten. - (Topos plus Taschenbücher)
Einheitssacht.: Sucht den Lebenden nicht bei den Toten
ISBN 978-3-7867-8419-7 Broschur
Auferstehung / Ostern - Buch