Der renommierte Sozialethiker Herwig Büchele SJ hat zwei kleine Bücher geschrieben, in denen er sich mit biblischen Texten befasst, die sowohl für das Selbstverständnis des Christseins als auch für Fragen der Entwicklung unserer Gesellschaft von zentraler Bedeutung sind. Büchele greift dabei keineswegs den Exegeten ins Handwerk, denn die Auslegungsmethode, die er wählt, ist existenziell-hermeneutisch. Es geht ihm um das Dasein des Menschen angesichts der Bedrohungen durch Unfreiheit und Gewalt. Im Hintergrund zeigt allerdings der Autor sehr wohl, dass er die biblischen Fachkommentare eingehend konsultiert hat. Die Freiheit ist die Leitthematik der Auslegung des Gleichnisses vom barmherzigen Vater. Existenziell einfühlsam und sozialethisch konkret legt P. Büchele das "tiefste und bedeutendste Gleichnis des Neuen Testaments" (9) aus. Die Konstellation des Vaters, seiner Söhne und seiner Knechte lässt sich als "Drama der Freiheit" (ebd.) auslegen. Indem er auslegungstechnisch ständig die Perspektiven wechselt und somit alle Personen über den Verlauf des Gleichnisses immer wieder zur Sprache kommen lässt, entsteht ein beeindruckender spiritueller Zugang zum Gleichnis. Die Problematik beider Brüder wird auf den folgenden Punkt gebracht: Beide verfehlen die Herausforderung verantworteter Freiheit, sei es beim jüngeren durch seine Flucht in die Willkürfreiheit, sei es beim älteren durch den Verzicht, ein Leben in Freiheit zu wagen. Gleichsam zwischen den Zeilen, zwischen den Interpretationen des Gleichnisses platziert der Autor seine zahlreichen Bezugnahmen zu den großen sozialethischen Themen wie Geiz, Verschwendung, Kapital, Arbeit, Gemeinwohl, Beziehung, Verantwortung. Besonders Lob ist dem Layout Bücher auszusprechen. Die Form einer knappen, aber konsequenten Absatzführung der einzelnen Sätze und Gedankengänge laden ein, langsam und nachdenklich zu lesen. In dem Sinne eigenen sie sich auch ausgezeichnet zu einer meditativen Lektüre.

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Personen: Büchele, Herwig

Standort: Aula L W I

Schlagwörter: Glaube Gott Gesellschaft Jesu Jesuiten Österreich Büchele Gleichnis