Nayeri, Dina
Ein Teelöffel Land und Meer Roman
Buch: Dichtung

Wie viele Teelöffel Land und Meer sind auszuschöpfen, damit Saba ihre Zwillingsschwester Mahtab und ihre Mutter wiedersehen kann? (DR) Am Beginn des vorliegenden Romans der amerikanisch-iranischen Schriftstellerin Dina Nayeri steht ein traumatisches Erlebnis: Die elfjährige Saba fährt knapp nach der iranischen Revolution mit ihren reichen christlichen Eltern zum Teheraner Flughafen. Im Auto fehlt jedoch ihre Zwillingsschwester Mahtab. Dennoch sieht Saba am Flughafen ihre Mutter mit ihrer Zwillingsschwester durch die Absperrung gehen und ist überzeugt, dass die Mutter mit ihrer Schwester nach Amerika gereist ist und sie mit dem Vater im Iran zurückgelassen hat. Nur gibt es da auch noch schemenhafte Erinnerungen an ein gemeinsames nächtliches Bad mit ihrer Schwester im Kaspischen Meer und den unabweisbaren Verdacht Sabas, dass ihre Schwester - wie die Leute im kleinen, fiktiven Dorf Cheshmeh im Norden des Irans raunen - vielleicht wirklich im Meer ertrunken ist und ihrer Mutter die Flucht aus dem Iran misslang. Saba versucht ihr Trauma zu bewältigen, indem sie die Hoffnung nicht aufgibt, dass ihre Mutter noch lebt, und dass sich ihre Schwester in Amerika ein neues Leben, eine Einwandererkarriere mit Studium bei "Baba Harvard" aufbaut und die Liebe zu einem Amerikaner findet, der so anders ist als die iranischen Männer. Völlig anders auch als Reza, ihr Spielgefährte von klein auf und ihre große Liebe. In erfundenen Geschichten malt sich Saba das Leben ihrer Schwester in Amerika aus. Diametral zu Sabas Flucht in amerikanische Welten, die sie nur aus geschmuggelten amerikanischen 30-Minuten-Serien, Musikkassetten und alten amerikanischen Zeitschriften kennt, steht die harte iranische Realität, in der ein christliches Mädchen aus reichem Hause sich nur in einem kleinen Dorf im Norden vor den Mullahs verstecken kann und schließlich - vor die Alternative Hochzeit oder Studium gestellt - nolens volens die Ehe mit einem über 60-jährigen Moslem wählt. Der Roman, der durch den Perspektivenwechsel (zeitweise wird der Erzählfaden von Sabas drei Ersatzmüttern in Cheshmeh aufgegriffen) zusätzliche Spannung entwickelt, räumt der Phantasie und den Lebensalternativen breiten Raum ein. Er stellt sich der Frage, ob die Liebe zwischen Mutter und Tochter und zwischen Zwillingen nicht auch noch über den Tod hinaus besteht, und gibt einen sinnlichen Einblick in die bunte, vielfältige Kultur des Irans. Trotz schmerzvoller Erlebnisse wagt Saba am Schluss einen Neuanfang und nimmt ihr eigenes Leben in die Hand. Schließlich kommt dieser iranische Entwicklungsroman doch noch zu einem glaubwürdigen guten Ende. Die Autorin, selbst als 10-Jährige mit ihrer Familie nach Oklahoma emigriert, hat sich die Frage gestellt, wie ihr eigenes Leben verlaufen hätte können, wäre sie im Iran geblieben. Ein Roman, der die Liebe zum Iran zu wecken vermag. Hervorragend ist meines Erachtens auch der Einband gelungen, der ein Wechselbild zwischen einer Brücke über das Kaspische Meer und der Silhouette eines Frauenkopfes darstellt. Sehr empfehlenswert.


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Personen: Nayeri, Dina Wasel, Ulrike Timmermann, Klaus

Standort: Hauptstelle

Interessenkreis: Familienroman

DR.G
NAY

Nayeri, Dina:
¬Ein¬ Teelöffel Land und Meer : Roman / Dina Nayeri. Aus dem Amerikan. von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. - Hamburg : mareverlag, 2013. - 522 S.
ISBN 978-3-86648-013-1 fest geb. : ca. € 22,70

Zugangsnummer: 0010317001 - Barcode: 01101577
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