Breit angelegte Biografie eines kompromisslos auftretenden Gottsuchers. (PR) Der Autor lenkt das Augenmerk auf den Menschen Martin Luther, der einerseits von tiefem Glauben erfüllt ist, andererseits wegen seiner kompromisslosen Ansichten auf vielfältigen Widerstand trifft, hinter dem sich bei aller Wortgewandtheit ein Suchender, ein Zweifler, ein Getriebener verbirgt. Leider geht der Autor auf Luthers Kindheit, die der Schlüssel für so manchen seiner Charakterzüge ist, nicht ein, sondern beginnt seine Darstellung mit dem jungen Mönch, der verzweifelt nach einem gnädigen Gott sucht. Er zeigt, wie Luther fruchtbar als Lehrer und Seelsorger wirkt - was letztlich auch seine Kritik an der Kirche auslöst - und stellt breit dar, wie er unter den Missständen in der Kirche leidet, wie er sie beim Namen nennt und sowohl bei den kirchlichen und weltlichen Obrigkeiten darauf drängt, diese abzustellen. Allerdings - und dies ist wohl die unbekannte Seite des gängigen Lutherbildes - entwickelt er sich mit zunehmendem Alter immer mehr zu einem missmutigen Dickschädel, ja, Fanatiker, der auch seine Freunde vor den Kopf stößt, und zu einem Menschen, der im Laufe seines Lebens fast alles in Frage stellt, nur nicht sich selber. Bei aller Anerkennung seiner Verdienste um Glaubenstiefe, Bibelkenntnis und auch - indirekt - durch seine Bibelübersetzung für die deutsche Sprache ist er hier gezeichnet und durch Zitate aus seinen Schriften belegt als ein Mensch mit großen Widersprüchen und Unbegreiflichkeiten, mit dem die LeserInnen nach der Lektüre lange nicht fertig werden. Für einen anspruchsvollen Leserkreis.

---

---

Personen: Schwilk, Heimo

Standort: Hauptstelle

Schlagwörter: Luther, Martin Reformation