Dasnes, Nora
Medium der interaktiven Leseförderung Antolin Regenbogentage
Buch

Dass die zwölfjährige Tuva sich gerade noch so in ihr Spielhaus im Garten quetschen kann, um ein neues Tagebuch zu beginnen, ist ein wunderbar passender Auftakt für diesen grafischen Roman, der vom Entwachsen erzählt. Und hinter viel Rosa und Emoticons nichts weniger verbirgt als eines der schönsten Abbilder frühjugendlicher Gefühls- und Kommunikationswelten der letzten Jahre. Aber zurück zu Tuva: Ihre Vorsätze für die Siebente sind es, besagtes Tagebuch vollzuschreiben, einen Style zu finden, mit ihren Freundinnen die beste Base im Wald zu bauen und sich zu verlieben. „Vielleicht“ kritzelt sie auf ihre Liste, schließlich muss man sich entscheiden, ist man ein „Mädchendassichverliebt“ oder ein „MädchendassichNICHTverliebt“? Zwei pointiert definierte Gruppen, die dieses Alter prägen und auch für das eigene Dazwischen stehen: Im Wald spielen oder Wimperntusche ausprobieren? Kind sein oder jugendlich? Tuva konsultiert Blogs und Instagram und ist am Ende doch nicht schlauer: „Wie merkt man, ob man reif ist?“ Die persönlichen Tagebuchaufzeichnungen des Teenagers, kurze Texte und Kritzeleien, gehen fließend in die Panelfolgen des ideenreich gearbeiteten Comics über, der die Perspektive Tuvas mit Darstellungen von ihr ergänzt. So wird auch das zentrale Motiv illustratorisch aufgegriffen: Wie kann man sein Selbstbild verfolgen, wenn es doch so viele Fremdbilder gibt? Es sind also auch Normen, die hier anhand einer exemplarisch Heranwachsenden universell verhandelt werden. In Szenen, die zeigen, wie selbstverständlich Tuva erstmal das Potential aller JUNGEN aufschreibt, wenn es um Liebe geht. Dass es letztlich kein Junge ist, für den sie hier einen Haken setzen kann, ist nur eine weitere Nuance ihrer Identitätsfindung: Mariam, das neue hübsche Mädchen in ihrer Klasse führt zur Googelrecherche „lesbisch“ und lässt Tuva bemerken: „Auf den meisten Seiten geht es ganz schön viel um Sex. Sind die etwa alle erwachsen??“ Mit dieser Feststellung pointiert Tuva auch das literarische Vakuum, das der Roman füllt: Prä-sexuelle Bewusstwerdung. Der Figur wird eine kindliche Stimme zugestanden und das Thema nicht problematisiert. Denn dass Tuva nun in ein MÄDCHEN verknallt ist, tut eigentlich nichts zur Sache. Auch nicht für ihre Umwelt, in der man sowieso „megaätzend“ ist, wenn man homophob ist, und auch nicht für Tuvas alleinerziehenden Vater, der für seine Tochter eingeblendete Playlists kreiert. Und ihr mit Madonnas „Express yourself“, Taylor Swifts „You need to calm down“ und Conchita Wursts „Rise like a phoenix“ offenbar viel zu sagen hat. Die Verschränkung von Bild und Text nutzt Künstlerin Nora Dåsnes auch, um von den vielen Arten jugendlicher Kommunikation zu erzählen: Wenn sich Mirjam und Tuva wortlos Kopfhörer teilen, um Billie Eilish zu lauschen, verschickte „Snaps“ eingebettet werden, die kaum über einen Satz hinausgehen, mit ihrer Interpunktion aber so viel verraten und riesengroße Mädchenaugen eine ganze Seite einnehmen („Sag, in wen bist du verliebt!“), dann sind es Blicke und Screenshots, in denen alles aufgehoben ist. Alles aus einem nicht mehr kindlichen und noch nicht jugendlichen Leben, warmherzig geschrieben, vielschichtig strukturiert und umwerfend illustriert.


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Personen: Dasnes, Nora Erben, Katharina

Schlagwörter: Antolin Klasse-6

Dasnes, Nora:
Regenbogentage / Nora Dasnes. Aus dem Norweg. von Katharina Erben. - 1. Aufl. - Leipzig : Klett Kinderbuch, 2021. - [256] S. : durchg. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-95470-253-4 fest geb. : ca. € 18,50

Zugangsnummer: 2022/2210 - Barcode: 2-1250498-3-00006447-7
Kinderbücher für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren - Signatur: Dasne - Buch