Zeevaert, Sigrid
Mika, Tony und Jack
Buch

Zwar bleibt das konkrete Alter des Protagonisten Mika unbestimmt, aber irgendwann wird er als „Fast-noch-Kind“ bezeichnet. Von dieser besonderen Lebensspanne erzählt Sigrid Zeevaert in ihrem ausgiebig psychologisierten Roman: Alt genug, um allein mit dem Rad herumzustreunen, kindlich genug, dass Papa einen nachts zudecken kommt. Papa – oder eher „Paul“ – ist für Mika sonst aber kaum greifbar, seit sie umgesiedelt sind zu dessen neuer Liebe. Mikas Mutter? Ist vor langem mit einer kurzen Notiz gegangen. In diesem Vakuum treffen wir den jungen Ich-Erzähler, der einerseits in Erinnerungen an die exklusive Zeit mit Paul schwelgt, andererseits das trübe neue Leben reflektiert, das zwei seiner Mitschüler überstrahlen: Tony (ein Mädchen) und Jack sind immer zusammen und immer abseits. Ihre Aura erscheint Mika unheimlich faszinierend, den Lesenden schlicht unheimlich. „Sie waren eben anders, Tony und Jack.“ Trotz Mikas Ich-Perspektive schafft es Sigrid Zeevaert, einen beobachtenden Einblick auf die zwischenmenschliche Dynamik zu gewähren: Auf Mikas Naivität aus Einsamkeit und auf den Strudel aus Blendung und Verbrüderung. Manchmal gelingt dieser distanzierte Blick auch Mika, etwa, als Tony und Jack einen störenden Mitschüler nachhaltig verschrecken: „Sie brauchten mich doch nur, um wieder gemein zu sein.“ Je stärker sich die komplexe Beziehung der drei entwickelt, desto mehr spitzt sich die Situation zu. Als Tony und Jack ihn mitnehmen zu einer verlassenen Fabrik, eskaliert die Lage: Plötzlich sind da eine obdachlose Frau, geworfene Gegenstände, Schreie und Blut … Das Szenario wirkt in den wenigen, aber eindrücklichen Bildern von Regina Kehn bedrohlich: Sattes Schwarz und extreme Kontraste spiegeln den Text dort, wo er einfache Chiffren zur Plotentwicklung nutzt: Die verletzte „Alte“ aus der Fabrik, der gemobbte Mitschüler, der neue Wohnort. Das großartige Cover hingegen entspricht den vielen emotionalen Abstufungen des Textes: Denn die biographische Pointe ist, dass natürlich auch Tony und Jack keine bösen Kinder sind – sondern, ganz wie Mika auf ihre je eigene Art verloren zwischen Unrechtsbewusstsein und dem Wunsch nach Beziehung. Und so bietet der Kinderroman auch keine Auflösung in Wohlgefallen, wohl aber die Entscheidung von allen (!) es von nun an „besser hinkriegen“ zu wollen. Sei es die Entschuldigung bei der verletzten Frau, die Annäherung an Papas neue Freundin oder die lange ausstehende Wahrheit über den Verbleib von Mikas Mutter. Fast gut wird es also für diese „Fast-noch-Kinder“, die einander letztlich doch nicht nach unten ziehen, sondern Halt geben können.


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Personen: Zeevaert, Sigrid Kehn, Regina

K Zeev

Zeevaert, Sigrid:
Mika, Tony und Jack / Sigrid Zeevaert. Mit Bildern von Regina Kehn. - Berlin : Tulipan-Verl., 2021. - 180 S. : Ill.
ISBN 978-3-86429-518-8 fest geb. : ca. € 14,50

Zugangsnummer: 00006520 - Barcode: 2-2071506-7-00005508-6
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