Man kennt sie aus ihren späten Rollen und diversen Talkshow-Auftritten, diese Mischung aus Bodenständigkeit, Wiener Schmäh, Streitbarkeit und ätherischer Damenhaftigkeit. Eine literarisch versierte Schauspielerin, die Schnitzler, Nestroy und Hoffmannsthal im inneren Reisegepäck mit sich führt, betet nicht einfach irgendwelche trockenen Lebensdaten herunter. Und so erweist sich Senta Berger, gar nicht überraschend -- zumindest, was die frühen Stationen ihres Lebens angeht -- als gestandene Literatin. Bilderreich und anekdotengesättigt durchschwebt sie noch einmal die markantesten Stationen ihres weiß Gott nicht ereignisarmen (Schauspieler)lebens. Erste verschwommene Kriegsbilder. Dann jedoch atmet der Erzählton den Geist der Fünfzigerjahre. Das karge, aber innerlich reiche Leben im umgebauten Lainzer Schulhaus. Der verschlossene, unerreichbare Vater, dessen Musikerträume scheiterten und in die Verbitterung führten. Die Mutter schmiss den Laden. Sie war es, die für den "Sophia Loren-Wettbewerb" den Badeanzug Marke "Turmspringer" für ihre Tochter besorgte und die Krankmeldung unterschrieb, als eine erste winzige Nebenrolle im Film winkte. Rock'n'Roll im Schulzimmer. In Jeans! Senta war sechzehn und WILLY FORST war Gott! Kuriose Zeiten, in denen feiste, selbsternannte "Produzenten" sich erboten, überflüssigen Babyspeck eigenhändig wegzumassieren (ein Erlebnis, das Frau Berger heute noch schaudern lässt). Bald fand sich die "Sophia Loren vom Gemeindehaus" in Hollywood-Babylon wieder. Richard Widmark (besoffen), Sam Peckinpah (zugeknallt), die Produzentenlegende Darryl F. Zanuck (nackt und willig unterm Bademantel), absurde Nazi-Vorwürfe in einer wildgewordenen Starlet-Welt. Senta Bergers Hollywood-Abenteuer liest sich streckenweise wie ein Spießrutenlauf durch eine dauergeile Männerhorde, die nur mit Robustheit und einer gehörigen Portion Wiener Charme im Zaum gehalten werden konnte. Auch in der Heimat war sie vor Nachstellungen nicht gefeit, wie die (Beinahe)- Vergewaltigung durch den Charmebolzen O. W. Fischer hinlänglich beweist. Rätselhafterweise findet die späte Fernsehkarriere, in der sich das eher gesichtslose Glamourgirl der frühen Jahre zur gestandenen Charakterdarstellerin gewandelt hatte, kaum Erwähnung. Kleines Manko in den langerwarteten Erinnerungen einer patenten Frau, mit der man gerne näher bekannt wäre. --Ravi Unger
Personen: Berger, Senta
K 931 Berger, Senta (geb
Berger, Senta:
Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann : Erinnerungen. - 1. Aufl. - Köln : Ullstein Taschenbuch, 2010. - 336 S. : Fotos
ISBN 978-3-548-37365-2
Biographie - Buch