Ein inspirierendes Miteinander von Flachware und Fetischen. (PL) Was kann ein Literaturmuseum schon zeigen? Haufenweise bedrucktes oder mit der Hand beschriebenes Papier, vieles davon vergilbt und unleserlich... gähnà zur Auflockerung ein paar Fotos und Theaterplakate... schnarch... Wer solche Vorurteile hegt, wird vom neugegründeten Wiener Literaturmuseum aufs angenehmste überrascht sein. Schon die Örtlichkeit hat ihre eigene Aura: Im k. k. Hofkammerarchiv lagerten früher verstaubte Aktenfaszikel. Einer seiner Direktoren war Franz Grillparzer. Während er widerwillig seine Bürostunden absaß, fiel ihm so manches boshafte Epigramm gegen den Staat und das Herrscherhaus ein. Heute sind in den alten Regalen Schaustücke ausgestellt. Natürlich gibt es jede Menge Flachware, darunter kostbare Autographen, aber auch eine Fieberkurve von Franz Kafka. Da lehnen zwei Wanderstöcke, in die Peter Handke mit dem Taschenmesser Worte eingekerbt hat, und ein geschnitzter Zauberstab, den die Weltreisende Ida Pfeiffer von Sumatra mitgebracht hat. Die zerzauste Perücke trug Egon Friedell, als er die Titelfigur in dem von ihm und Alfred Polgar verfassten Einakter "Goethe" darstellte. Reinhard P. Gruber hat ein archäologisches Artefakt beigesteuert, einen Steirerhut aus Gips, grün bemalt und mit einem eher schäbigen Gamsbart geziert, und man begreift: "Steirerblut ist kein Himbeersaft." Eine Packung "Jonny" verweist auf Ernst Kreneks Oper "Jonny spielt auf", der die Zigarettenmarke ihren Namen verdankt. Die Gegenstände werden mit so viel Liebe und Sorgfalt präsentiert, dass man an Fetische oder auch an katholische Reliquien denken könnte. Der Band ist nicht nur ein Ausstellungskatalog, sondern auch ein amüsantes Lesebuch. Jedes der abgebildeten 101 Objekte wird in einem kurzen Essay erläutert, und da sind zahlreiche Anekdoten und kuriose Details zu entdecken.

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Personen: Fetz, Bernhard Rainer, Miriam

Standort: Bibliothek

Schlagwörter: Gegenwartsliteratur Schriftsteller Österreichische Literatur Bücher Autoren