Fesselnd erzählter, psychologisch interessanter Heimat- und Gesellschaftsroman.
Unterleuten ist ein kleines Dorf in Brandenburg, nicht weit entfernt von Berlin. Über dieses Dorf und über das Schicksal ihrer Bewohner (Titel!) wird aus jeweils wechselnden Perspektiven über einen Zeitraum von etwa 50 Jahren hinweg erzählt. Ein Mikrokosmos mit eigenen Gesetzen, scheinbar abgeschieden von den Problemen der modernen Zeit und Welt, ein Fluchtort für großstädtische Romantiker und Aussteiger, aber auch ein Ziel für renditeorientierte Spekulanten. Und was von außen wie eine in eine unversehrte Natur eingebettete Idylle anmutet, in der seltene Vogelarten brüten, mit Menschen von liebenswerter Schrulligkeit und absonderlichem Provinzlertum, erweist sich bei näherer Betrachtung und wenn diese Gemeinschaft einer Belastungsprobe unterzogen wird, als Panoptikum sublimer oder offen zu Tage tretender Bosheit. Hinter der Fassade von friedlichem Zusammenleben lauern Neid und Zwietracht. Alte ideologisch fundierte Feindschaften aus SED-Zeiten brechen auf, und erneuern sich zwischen Wendegewinnern und Verlierern. Und so nehmen die Hauptakteure im erbitterten Machtkampf um die Errichtung eines Windparks folgerichtig allesamt kein gutes Ende. Eine ideologisch "unbelastete" junge Generation tritt an, die womöglich unter anderen Vorzeichen, den immerwährenden Kampf um den Platz an der Sonne fortführt. - Die mehrfach preisgekrönte Autorin entwirft in diesem fesselnd erzählten und psychologisch fundiert ausgearbeiteten Gesellschaftsroman ein realistisches, vielleicht insgesamt zu pessimistisches Szenario. Es lohnt sich für den Leser, dieses skurrile Biotop, in dem die Spezies Mensch in den verschiedensten Erscheinungsformen vorzufinden ist, zu besichtigen.
Personen: Zeh, Juli
Zeh, Juli:
Unterleuten : Roman / Juli Zeh. - München : Luchterhand, 2016. - 639 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-630-87487-6 fest geb. : 24,99
Schöne Literatur - Signatur: Zeh - Schöne Literatur