Phantastische Jugendliteratur gestaltet sich ja neuerdings gerne nach dem Prinzip „mix and match“: Liebesgeschichte mit Zombies, Dystopie mit mafiösen Strukturen, Internatssetting mit Göttern. Wer hätte angesichts der zahllosen mitunter sehr misslungenen Kombinationen gedacht, dass ausgerechnet Science Fiction und Märchen außerordentlich gut zusammengehen? Marissa Meyer staffiert anachronistische Märchenmotive in einer futuristischen Welt und bringt die jeweiligen Schlüsselszenen passgenau zueinander. Der erste Band der Luna-Chroniken (unter Insidern gehandelt als „Cyborg-Cinderella“) erzählt von – Obacht, der Name! – Cinder, beste Mechanikerin in Neu-Peking, Cyborg und ungeliebte Stieftochter, die von Prinz Kai, baldigem Imperator des Asiatischen Staatenbundes eingeladen wird auf einen Ball und sich bald mit der drohenden Invasion der Mondkönigin auseinandersetzen muss … Was in dieser rüden Zusammenfassung motivisch etwas überladen klingt, funktioniert im Text hervorragend. Nicht zuletzt, weil die Autorin selbst Teil jener Fankulturen ist, für die diese Bände wohl geschrieben sind: Jemand, der sich im Nachwort bei den „Experten der Sailer-Moon-Fangemeinde“ ebenso bedankt wie bei einem Forscher für chinesische Höflichkeitsformen und dem Star-Wars-obsessiven Bruder, hat seine Recherche-Hausaufgaben gemacht und den Hype, der mittlerweile um die Bücher ansetzt, verdient. Nicht nur, dass das Ganze auch noch richtig flüssig geschrieben ist – die Dramaturgie ist über die vier Bände hinweg genial konstruiert und fokussiert auf jeweils eine starke Frauenfigur: Scarlet (Rotkäppchen), Cress (Rapunzel – im Satelliten statt Turm) und Snow (Schneewittchen) folgen Cinder nach und sind über mysteriöse biographische Verstrickungen miteinander verbunden … Da hat Carlsen wohl wieder einen Riecher gehabt.

---

---

Serie / Reihe: Luna-Chroniken 2

Personen: Meyer, Marissa Becker, Astrid

Schlagwörter: Märchen Klasse-9