Ein Körper wie eine Giraffe, gestreifte Beine wie ein Zebra, Augen wie ein Reh, antilopenähnliche Ohren - das Okapi wirkt wie aus mehreren Tieren zusammengesetzt. Zurückgezogen und kaum erforscht lebt das Großsäugetier in den Wäldern Zentralafrikas. Von dort hat es das geheimnisvolle Mischwesen bis in die Träume einer alten Frau im Westerwald geschafft - als Todesbote. Denn wenn Selma von einem Okapi träumt, stirbt ein Mensch aus ihrem Dorf. Drei Mal ist das in Selmas Leben passiert. Die Dorfbewohner sind überzeugt, dass dies kein Zufall ist. Jeden von ihnen könnte es treffen, und so werden am Tag nach Selmas Traum hastig Abschiedsbriefe geschrieben und Wahrheiten enthüllt, Liebeserklärungen gemacht oder längst überfällige Trennungen besiegelt. Endlich richtig und wahrhaftig leben - bevor es zu spät ist.
Skurril, irritierend und unorganisch wirkt ein Okapi auf den ersten Blick. So wie die zusammengewürfelte Schicksalsgemeinschaft in dem Westerwälder Dorf, die durch die Träume der alten Selma über Jahrzehnte auf wundersame Weise miteinander verbunden ist. Mariana Leky erzählt in "Was man von hier aus sehen kann" anrührend, klug und unterhaltsam von dem Beziehungsgeflecht zwischen diesen Menschen, von ihrem Ringen um Nähe, Zuneigung und Liebe. Lekys Sprache ist dabei so präzise und reich an originellen Bildern und Vergleichen, dass die Lektüre zum Hochgenuss wird. Und besser als mancher Ratgeber versteht es die Geschichte, um Vertrauen in das Leben zu werben und die Hoffnung zu nähren, dass am Ende alles gut werden wird. Eines der beglückendsten Leseerlebnisse dieses Jahres.
(Stephanie Meyer-Steidl)
Weiterführende Informationen
Personen: Leky, Mariana
Leky
Leky, Mariana:
Was man von hier aus sehen kann : Roman / Mariana Leky. - [1. Auflage]. - Köln : DuMont, 2019. - 314 Seiten ; 19 cm
ISBN 978-3-8321-6457-7 Broschur : EUR 12,00
Schöne Literatur - Buch