Subtiler Psychoterror in einem symbolkräftig gezeichneten Wien. (DR) "Am 11. Februar wirst du am Prater einen Mann namens Arthur Grimm töten. Aus freien Stücken. Und mit gutem Grund", wird der Journalistin Norah von einer Bettlerin prophezeit, kaum, dass sie von Berlin in das winterliche Wien gezogen ist. Tief verstört und aufgewühlt begibt sich Norah auf die Suche nach diesem Arthur Grimm und wird dabei von Kurznachrichten eines unbekannten Absenders begleitet, der sie warnt, ihr wertvolle Hinweise gibt, ihre intimen Geheimnisse zu kennen scheint. Als Norah eine Verbindung zu ihrer eigenen Vergangenheit entdeckt, scheint die Bluttat mit einem Mal nicht mehr ganz so undenkbar... In ihrem mittlerweile dritten Roman zeigt sich Autorin Melanie Raabe sichtlich fasziniert von der österreichischen Hauptstadt. Interessanterweise verzichtet sie auf gängige Bilder wie walzerselige Kaiser-Nostalgie oder dauergrantelnde Hausmeister, taucht die Szenerie stattdessen mit leiser, metaphernreicher Sprache in eine melancholisch-morbide Atmosphäre. Dabei kokettiert sie durch Anspielungen und Symbole mit Schnitzlers "Traumnovelle" und Freuds "Traumdeutung". Die nicht immer vollkommen sympathische Hauptfigur wird durch die Ereignisse mit einem längst bewältigt geglaubten Trauma konfrontiert. Ihre ständig nagenden Zweifel, ob sie nicht gerade an der Erfüllung der Prophezeiung mitwirkt, indem sie ihr zu entrinnen versucht, beschäftigen auch die LeserInnen über die Lektüre hinaus. Der Roman kann ohne Kenntnis der beiden Vorgängerbände genossen werden. Wer subtile Spannung in einer wie Bühnenzauber durchdachten Geschichte zu schätzen weiß, sollte die Autorin kennenlernen.
Personen: Raabe, Melanie
Raabe, Melanie:
¬Der¬ Schatten : Thriller / Melanie Raabe. - München : btb, 2018. - 414 S.
ISBN 978-3-442-75752-7 kart. : EUR 16,50
Schöne Literatur - Signatur: Raabe - Buch