Literatur als »Proberaum« einer besseren Zukunft: Wie Vorstellungskraft bessere Lebensmöglichkeiten auftut. (DR) Sie wollen sich nicht mit der Realität und den Zuschreibungen, die ihnen Gesellschaft und Konvention vorgeben, zufriedengeben, sondern phantasieren sich eine bessere Zukunft herbei: migrantische Jugendliche in Heidelberg, die wie der Autor selbst dort in prekären und rassistischen Verhältnissen aufwachsen; eine türkische Putzfrau in einem versnobt-privilegierten Haushalt in Wien; eine Witwe, die nicht mehr nur das Grab ihres Mannes pflegen möchte. Oder der Vater, der endlich einmal gegen seinen Sohn im Memory-Spiel gewinnen will. Dann ist da noch der autobiografisch beeinflusste Ich-Erzähler, der mit Heinrich Heine davon träumt, von zu Hause wegzukommen, und so zum Schriftsteller wird. In 12 Geschichten, lose verbunden, allerdings vom Autor mit einem Vorschlag für die Leseabfolge versehen, werden phantasievoll die Träumereien und Sehnsüchte der Protagonist*innen vorgestellt, auf die der Autor immer einen liebevollen Blick behält, auch wenn sie noch so absurd erscheinen. Mit leichter Hand, Witz und Ironie und treffendem Tonfall führt er überdies das wunderbare Poesie-Potenzial vor, dem Möglichkeitssinn und einer besseren Zukunft literarisch Raum zu geben. Das spielerisch leichte Text-Gespinst aus Fiktionen und Gedanken, direkter Sozialkritik und verschiedenen Realitätsebenen, formalen Experimenten und literarischen Anspielungen erweist sich als komplexe Komposition, die auch großes Lesevergnügen bereitet. – Dringende Empfehlung für literarisch Interessierte.
Personen: a ic, Sa&scaron Stani&scaron
Stanišic, Saša:
Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne / Saša Stanišic. - Frankfurt am Main : Luchterhand, 2024. - 254 Seiten
ISBN 978-3-630-87768-6 Festeinband : EUR 24,70 (AT)
Schöne Literatur - Signatur: Stani - Buch